TWO ON THE ROAD

Filmemacher Dieter Zimmermann und Comedian Michael Gaedt verbindet eine langjährige Freundschaft. Als Frontmann der Kulttruppe „Die Kleine Tierschau“ schrieb Gaedt ein Stück Schwäbischer Kulturgeschichte. Zimmermann drehte Dokumentarfilme z.B. über das Stuttgarter Ballett und die Fanta Vier. In seinem jüngsten Werk „Ein Tier schaut zurück“ blickt er „behind The red curtain“ und findet neben knallfarbenen Trainingsanzügen, Hühnern und dem sympathischen Grössenwahn auch die leisen Töne der Ostalb-Entertainer.

Dieter Zimmermann Ich bin heute mit dem Auto zu dir gefahren und habe unterwegs ein Plakat gesehen mit der Aufschrift „Hölzel und sein Kreis“… Wie würde das auf uns bezogen heißen: Zimmermann und sein Kreis oder umgekehrt Gaedt und sein Kreis?
Michael Gaedt Ganz klar: Zimmermann und sein Kreis! Erst durch den Kontakt zu dir kam ja die ganze Wahrheit über „Die kleine Tierschau“ ans Licht. Du und deine Filme waren von Anfang an wie eine Art Katalysator für das, was wir alles angestellt haben.
Dieter Zimmermann Na, ich würde eher sagen, ich war euer Transformator über eine lange Wegstrecke. Kannst du dich denn noch daran erinnern, wie wir uns eigentlich kennengelernt haben?
Michael Gaedt Auf der Geburtstagsfeier von Prof. Kurt Weidemann Anfang der 80er-Jahre! Wir, „Die kleine Tierschau“ waren das Geburtstagsgeschenk von Walter Giers, seines Zeichens
Konzept- und Medienkünstler. Giers hatte uns bei einem Aufritt in Schwäbisch Gmünd gesehen und war begeistert. Und so bekamen wir unseren ersten Auftritt in Stuttgart. An diesem Abend haben wir uns kennengelernt.

Dieter Zimmermann Ein toller Abend – es herrschte entspannte Salon-Atmosphäre in Kurts schönem Haus in typischer Stuttgarter Halbhöhenlage. Jede Menge illustre Gäste waren da, unter anderem sogar der Modemacher Willi Bogner aus München und
Tänzerinnen und Tänzer vom Stuttgarter Ballett. Um Mitternacht habt ihr dann auf einer Holz-Platte gesteppt, die kaum größer war als ein Quadratmeter; dazu habt ihr gesungen und allerlei Klamauk veranstaltet. Würdest du rückblickend sagen, dass das
die Keimzelle für euer späteres Bühnenkonzept war?
Michael Gaedt Das Improvisatorische war immer unsere Grundlage – ich denke da gerade an einen unserer späteren Auftritte beim Jungfernflug der Virgin Atlantic Airways des britischen Unternehmers Richard Branson. Auf dem Flug von London nach New York haben wir auch auf kleinstem Raum, auf Tabletts im Mittelgang gesteppt…
Dieter Zimmermann Ihr kamt ja vom Straßentheater. Doch wie habt ihr drei, Michael Schulig, Ernst Mantel und du, eure eigene Sprache für die „Tierschau“ gefunden und jene unverwechselbaren Performances entwickelt?
Michael Gaedt Ich habe meine Steinmetzlehre mit Straßenmusik finanziert – das Lehrgeld hätte für die Miete meiner Wohnung in Stuttgart nicht gereicht. Mit Michael und Ernst hatte ich bereits damals immer wieder gemeinsam Musik gemacht – irgendwann haben wir festgestellt, dass wir zu dritt einfach sehr gut können. Unsere gemeinsamen Straßenauftritte haben uns dann lustigerweise ins Fernsehen gebracht. In München hat uns ein Späher von Alfred Biolek gesehen, und so kamen wir in seine Show beim Bayerischen Rundfunk…
Dieter Zimmermann Alfred Biolek war ein großer Förderer. Übrigens: Wusstest du, dass er mit Kurt Weidemann damals gemeinsam Kabarett gemacht hat?
Michael Gaedt Biolek war Justiziar beim ZDF, bevor er begann, selbst Fernsehgeschichte zu schreiben, und Kurt war ja schon damals eine Ikone, was Schriftgestaltung anging, Professor für Typografie – eine Riesen-Persönlichkeit! Wusstest du, dass bis heute Bibeln in einer Schrift gedruckt werden, die „Weidemann“ heißt?
Dieter Zimmermann Nein, aber die Zeit damals war ja insgesamt sehr von besonderen und starken Typen geprägt. Kurt Weidemann war mein Lehrer an der Kunstakademie in Stuttgart. Er sagte mal: „Ein Film ist nicht gut, wenn er fertig ist, sondern ein Film ist dann fertig, wenn er gut ist.“ Das hat sich bei mir eingraviert. Ich dachte jedenfalls auch viel über meine Filmsprache nach. Als ich die Idee hatte, meinen ersten Film über und mit euch zu machen, hatte ich noch keine Ahnung, wo unser gemeinsamer Weg hinführen würde. Ich war damals ein engagierter Jungfilmer beim SWR und meine Themen waren Sport, Natur und Kultur. Das mit euch war etwas ganz anderes…
Michael Gaedt Du hast doch damals einen Film über den Querfeldeinfahrer Klaus Peter Thaler gemacht. Der war toll. Du bist doch auch ein ganz guter Improvisator…
Dieter Zimmermann … und ewiger Quereinsteiger – auch bei meinen Themen. Als studierter Kommunikationsdesigner komme ich vom stehenden Bild. Durch meine Arbeit beim SWR kam ich zum bewegten Bild, sprich zum Medium Film. Wenn mich ein Thema begeistert, dann fuchse ich mich gerne rein und zwar mit Haut und Haaren. Ich hatte von Literatur wenig Ahnung und habe einen Film über das Literaturmuseum in Marbach gemacht – und einen über den Stuttgarter Weissenhof auf dem Killesberg und wie dort oben ein neuer Stadtteil entsteht. Da habe ich eine Menge über Architektur und Bauen gelernt. Ich muss den Zeiger immer auf Null stellen – Angst vor der eigenen Courage haben, mich reinarbeiten. Das ist mein Weg; nur so werden meine Arbeiten gut. Ich muss mir meine Strukturen suchen, mit dem Material arbeiten, das mir angeboten wird. Ich bin dann wie eine Art Schwamm, der alles aufsaugt, und das kommt dann in der realen Bildsprache wieder heraus. Und genauso authentisch wollte ich euch mit meiner Filmsprache einfangen – ich glaube sogar, ich wollte euch mit meiner Sprache übertrumpfen, aber das ist mir nicht gelungen…
Michael Gaedt Weil Eitelkeit immer ein schlechter Ratgeber ist…(lachen beide)
Dieter Zimmermann Ihr wart eine extreme Truppe und genau das hat mich gereizt und herausgefordert. Dem wollte ich eine extreme Filmsprache entgegensetzen. Im Vorfeld zu den Drehs hatte ich jede Menge Exposés geschrieben – die hatte ich euch gezeigt, aber als es dann losging, habt ihr nichts von alldem umgesetzt, sondern alles neu nach eurem Gusto interpretiert. Alles kam spontan und chaotisch – da wart ihr für mich wieder die Kinder des Straßentheaters – war euch das bewusst?
Michael Gaedt Nein. „Die kleine Tierschau“ umwehte eben stets die „Ästhetik des Spontanen“. Das haben wir auch mit in die Shows genommen und sind dann hochglanzpoliert damit durchgerauscht…
Dieter Zimmermann Aber ich wollte keinen dieser hochglanzpolierten Bühnen-Filme mit euch machen, sondern euch draußen im Off zeigen. Wir waren ja dann auch auf Hunde-, Sport- und Schrottplätzen und in einer alten Papierfabrik am Neckar zugange. Ich wollte in den „Zwischenräumen“ herumexperimentieren, ungeschminkte Wahrheiten entdecken. Ich wollte eine andere Kulisse für euch und dazu seidene, knallfarbene Trainingsanzüge aus Prag… Ich habe viel in Ballettsälen gedreht – da hat es nach Schweiß und alten Socken gerochen, aber da war für mich immer das wahre Künstlerleben, das ich filmisch erkunden wollte. Mit meinem Credo „What is behind the red curtain?“ bin ich damals aus dem Rahmen gefallen, weil man mit Kunst oft das Rampenlicht definierte. Aber der perfekte Pas de Deux auf der Bühne hat mich nie interessiert.

Die kleine Tierschau: Michael Schulig (li.) und Michael Gaedt (mi.) und Ernst Mantel (re.) © SWR/Robert Domic – „Bild: SWR/Domic“ (S2)

Michael Gaedt Ja, das ist eines deiner Markenzeichen, deshalb fotografierst du auch seit Jahren hässliche Eingangstüren!
Dieter Zimmermann …und Aral-Tankestellen, Schrebergärten, Industriegebiete und Neckar-Container – nichts ist vor mir sicher. Ich mag halt die Dirty Things…
Michael Gaedt … und wir hatten dank dir gigantische Kulissen: Ob Flughafen oder Steinbruch – wir haben tolle Roadmovies gedreht. Dieter Zimmermann Euer extremer Bühnenaufwand damals war für mich Ansporn, ebenfalls mit dem großen Team aufzukreuzen. – An einem superheißen Tag im Stuttgarter Stadtteil Fasanenhof haben wir mal mit Schienen und Kran und viel Schminke gearbeitet. Für euren Song haben wir einen ganzen Tag gebraucht. Da werde ich im Rückblick fast wehmütig – warum haben wir uns da so wohl gefühlt?
Michael Gaedt Ich glaube, wir waren einfach das richtige Team in der richtigen Zeit – all das ist ja heute nicht mehr möglich, weil Fernsehen heute anders funktioniert. Früher hatten wir ja nur drei Fernsehprogramme – und trotzdem würde ich sagen: Es gab mehr Vielfalt als heute. Und die Art zu arbeiten, so wie mit dir, gibt es heute ebenfalls nicht mehr. Damals hatte man Zeit, etwas zu entwickeln und auszuprobieren. Ich erinnere mich in dem Zusammenhang an deine Drehbücher, die aussahen wie grafische Kunstwerke – alles von Hand gezeichnet.

Dieter Zimmermann Für mich und den SWR wart ihr eine Art magischer Türöffner – „Die kleine Tierschau“ war ja Kult! Sie aber ins Unterhaltungsprogramm des Senders aufzunehmen, in dem bislang ein Wort wie „Comedy“ gar nicht vorkam, war dennoch ein Risiko. Für mich gab es immer die Frage: Schaffen wir es, euch auch filmisch zu fassen? Wir sind dazu vor nichts zurückgeschreckt – in einer Szene ließen wir sogar Hühner im SWR-Sendestudio im Orchestergraben los. Im Probenraum der Villa Berg – ihr habt eure berühmte Nacktnummer als Streichquartett gespielt – und die Hühner haben auf die Monitore geschissen – und ihr habt am Ende in die Ecke gepinkelt.
Michael Gaedt Das war nach einem Auftritt im wilden Berlin, und etwas davon wollten wir ins Schwabenländle bringen. Der komplette Wahnsinn – wir wollten Revoluzzer sein… und die Techniker sind ausgeflippt…
Dieter Zimmermann … und heute ist die Villa Berg verwaist…
Michael Gaedt Rückblickend kann ich es oft selbst nicht fassen, was und wie wir das alles gemacht haben – ich schau mir deine Filme an und denke: Ah, so war das also damals, und ich war ja auch dabei – irgendwie seltsam… du warst immer so nah dran an uns.
Dieter Zimmermann Ob meine Filme mit euch, zum Stuttgarter Ballett oder zu den Fantastischen Vier – sie alle verbindet meine Leidenschaft für die Backstage, am Ungeschminkten. Meine Idee mit den Fanta 4 einen Film zu machen, kam übrigens über einen Zeitungsartikel von Michi Beck in den Stuttgarter Nachrichten, über den ich gestolpert bin. Das war der Auslöser für meinen Anruf bei der Band. Bis dahin wusste ich nicht was Hip-Hop ist. Zu Drehbeginn habe ich mir erst mal rote Hosen gekauft – und das Hemd über die Hose hängen lassen und viel Musik gehört (schmunzelt) – ich wollte mich auch wie ein Hip-Hopper fühlen. Man will immer irgendwie Teil einer Familie sein…
Michael Gaedt … weil alles was wir machen, so emotionsgeladen ist und einen Puffer braucht. Manchmal rede ich stundenlang über Dinge, die ich intuitiv gemacht habe und die ich dann in Worte und Gedanken fassen möchte. Es geht mir nicht um intellektuellen
Tiefgang, eher sie für mich einzuordnen – ich mache bis heute fast alles aus dem Bauch und aus dem Gefühl heraus. Das ist oft anstrengend.
Dieter Zimmermann Ihr wart Zeitzeugen – allen voran, du Michael, der Steinmetz, der Ex-Zirkusmensch, der „Reinhauer“, der Testosteron gesteuerte Bühnen-Macho. Du hast die ganzen irren Maschinen für eure Bühnenshows gebaut. Aber ich kenne auch deine andere Seite: den nachdenklichen sensiblen Menschen, der nah am Wasser gebaut hat… Wie passt das zusammen?
Michael Gaedt So paradox ist das aber doch gar nicht – schau dir zum Beispiel die Hände von Hirnchirurgen und Uhrmachern an: Die sind oft ganz groß und kräftig.
Dieter Zimermann Wie gehst du heute mit deiner Zeit bei der „kleinen Tierschau“ um?
Michael Gaedt Es „mäntelt“ sich… Ich vermisse sie, weil ich mich dort künstlerisch so gut aufgehoben gefühlt habe – vor allem das blinde Verstehen – in guten und weniger guten Momenten. Aber klar – ich bin wehmütig, weil ich weiß, dass ich heute nicht mehr die Zeit habe, etwas Vergleichbares wachsen zu lassen. Ich glaube, bei der „kleinen Tierschau“ gab es ein paar Wunder – keiner hatte Soloambitionen über ganz lange Zeit hinweg – wir haben im Chor gesungen, wir waren eine gut funktionierende Mannschaft. Heute zerbrechen solche Allianzen viel früher. Der Ensemblecharakter hat uns zusammengeschweißt und wir haben immer an uns gearbeitet, haben Kurse in New York besucht und selbst unterrichtet – wir waren jahrelang bei Ray Lynch im Tanzunterricht. Das Lernen hört ja nie auf. Heute lerne ich übrigens Hindi – damit ich meine Bollywoodkarriere weiter anstoßen kann…
Dieter Zimmermann Wo siehst du dich denn heute? In meinem Film gab es eine Szene, in der du schweigst… Da merkt jeder Zuschauer, da ist jemand zutiefst berührt – ein schöner stiller Moment! „Ein Tier schaut zurück“ heißt der Film – bist du heute anders? Ist der Tierschau-Virus noch da? Was ist davon übrig geblieben?

Das Film-Team von „Ein Tier schaut zurück“

Michael Gaedt Mir wurde klar, dass in jeder künstlerischen Arbeit das Erzeugen ganz anders ist als die Wirkung und auch, wie man sie rückblickend erlebt… Die lauteste Gitarre wird oft ganz sanft gespielt, obwohl der Elektrosound ihn grob und laut rüberbringen kann. – In einem Film habe ich einmal gesehen, wie Roy Lichtenstein malt. Man denkt, er tut dies mit einem feinen Pinsel ganz vorsichtig Punkt für Punkt, stattdessen malte er mit einem dicken, groben voller Farbe. Wie ist das bei dir? Wie ist dein Innen und Außen? Du bist ja nicht nur Filmemacher, sondern auch Künstler….
Dieter Zimmermann In mir wohnen auch zwei Seelen. In meiner Kunst wollte ich zurück zum stehenden Bild – zu meinen Wurzeln als Gestalter. Dabei habe ich aber gemerkt, dass das gar nicht mehr funktioniert. So kam ich in eine Zwischenzone – ich nenne sie Screenografie. Eine Mischform zwischen Film und Bild. Ein wiederkehrendes Thema ist Urbanität. Ich gehe oft auf Motivsuche an den Peripherien, da wo eine Stadt aufhört und das Land anfängt. In meinem aktuellen Hölderlin-Projekt setze ich seine Texte in die schmutzige Alltagswelt zwischen Neckarhafen und Graffity. Die Übergänge und das scheinbar Unvereinbare zum Eindeutigen machen, daraus schöpfe ich mein Material. Ich mag Kopfkino. Ich fotografiere, male, kratze und zeichne. Daraus entstehen dann mehrere Bild-Ebenen, die aussehen wie ein überschriebenes Dia, in das ich noch zusätzlich Störungen hineinsetze – Kaffeeflecken, Kratzer, Eselsohren. Die verschiedenen Bildebenen schiebe ich dann übereinander und illuminiere sie mit Hinterlicht.
Michael Gaedt Du machst auch immer weiter, findest neue Ausdrucksmöglichkeiten, das verbindet uns. Man ist nicht immer im Leben der eigene Steuermann, sondern auch Passagier – entscheidend ist nur, dass man sich immer noch auf dem großen Ozean befindet – da wo man sein will – und noch lernen darf und kann.
Dieter Zimmermann Was uns auch verbindet, ist die permanente Suche nach der eigenen Sprache, das Authentische – Christoph Sonntag sagt im Tierschau- Film „Steh zu deinen Fehlern, steh zu deinem Dialekt“. Ich glaube, für uns müssen die Dinge nie perfekt, aber immer faszinierend sein.
Michael Gaedt Ja, there must be some kind of magic. – Wir haben mit der Tierschau immer versucht, nach den Sternen zu greifen – ein Wunder, dass wir das 30 Jahre lang geschafft haben! In der Gruppe so lange durchzuhalten, das ist schon etwas Besonderes. Wir drei mussten uns gegenseitig immer voneinander überzeugen. Heute als Solist ist das etwas ganz anderes. Aber – The Show must go on – wir müssen uns immer wieder auf den Weg zu neuen Ufern machen.
Dieter Zimmermann Du arbeitest heute als Schauspieler, zum Beispiel in der Krimiserie Soko Stuttgart und stehst im Theaterhaus Stuttgart auf der Bühne.
Michael Gaedt Bei der Soko Stuttgart spiele ich den Schrotti – eine Nebenrolle. Doch auch für meine kleinen Szenen sind oft sechzig Leute am Set. Die wollen einfach nur, dass du lieferst. Was keiner brauchen kann, ist eine Diva, ist jemand der sagt: „Ich bin noch nicht in der Szene…“. „Halt die Gosch und lern deinen Part“. Das Gleiche gilt auch auf der Bühne im Theaterhaus – ich muss immer noch basteln und gleichzeitig hart arbeiten – ob als Schrotti oder wenn ich Regie führe.
Dieter Zimmermann Du inszenierst jetzt zum zweiten Mal eine Oper bei den Schlossfestspielen in Zwingenberg. Das finde ich übrigens sehr mutig…
Michael Gaedt Ich habe ja letztes Jahr bereits die Oper „Freischütz“ für die Schlossfestspiele in Zwingenberg inszeniert – und dieses Jahr ist es Mozarts „Entführung aus dem Serail“. Ich wusste zuvor nicht, wie viel Power, Rock´n Roll und Punk in einer klassischen Oper stecken, und ich gebe zu, ich hatte und habe Angst und einen riesen Respekt vor dieser Aufgabe. Die Regiearbeit nimmt mich emotional total mit – das Orchester, die Sänger, die ganze Mannschaft hinter der Bühne, der ganze Aufwand, den eine Oper mit sich bringt. Ich heule jeden zweiten Tag, weil das alles so groß ist. So etwas lehrt einen auch, dass man nie alles ganz schaffen kann. Aber ich gebe mein Bestes!
Dieter Zimmermann Wir sind jetzt beide älter geworden… und trotzdem auch irgendwie jung geblieben, ich glaube, weil wir uns immer wieder an Neues heranwagen. Wir sind Optimisten – das ist unsere Triebfeder. Uns gefällt es, irgendwo hingeworfen zu werden – und das kostet eben auch die eine oder andere durchwachte Nacht. Und schweißnasse, einsame und stille Momente, in denen man denkt: Oh my God, warum hast du denn da zugesagt? Schaffst du das überhaupt? Aber die Zweifel gehören dazu… Sie machen uns besser!

Das Gespräch moderierte Claudia Fenkart-Njie, Herausgeberin von arsmondo


Michael Gaedt, Baujahr 1957, wuchs in Heubach im östlichen Teil der Schwäbischen Alb auf und absolvierte eine Lehre als Steinmetz. Er verdingte sich anschließend als Schiffsjunge und Bordmechaniker. 1981 gründete er gemeinsam mit seinen Schulfreunden Ernst Mantel und Michael Schulig „Die kleine Tierschau“. Neben seinem langjährigen Engagement bei derselben, war er als Schauspieler in der Rolle des Gastwirts und KFZ-Mechanikers Schrotti in der Krimireihe SOKO Stuttgart zu sehen. Kleinere Gastauftritte hatte Gaedt bereits 1998 im Tatort „Bienzle und der Champion“ und 2006 in „Bienzle und der Tod in der Markthalle“. Derzeit steht er auf der Bühne im Theaterhaus Stuttgart und versucht sich erfolgreich als Opernregisseur für die Schlossfestspiele in
Zwingenberg.

Der Filmemacher, Produzent, Autor und Zeichner Dieter Zimmermann studierte in Stuttgart an der Akademie der Bildenden Künste bei Prof. Eugen Funk und Prof. Kurt Weidemann Fotografie, Grafik und Visuelle Kommunikation. Seit 1976 hat er neben anderen künstlerischen Tätigkeiten zahlreiche Dokumentationen und Filme in semi-szenischem Format gedreht, u.a. „Das Wunder lebt“ (Stuttgarter Ballett),„Last Applaus“ (Sportporträt), „Herzfalten“ (Heimat), „Stuttgarter Gefühle“ (Livestyle), „Die kleine Tierschau“ (Comedy), „Was geht – Die Fantastischen Vier“ (Musik), „Ja, Du bist’s-Eduard Mörike“, „vomdunkelanslicht– Museumsfilm Marbach“, „Von der Baugrube zur weißen Stadt –die Killesberghöhe (Architektur),“Care-O-Bot4 – der Servicerobot (Design, Image) und “Eine Spur Wilder-Juniorranger im NationalparkSchwarzwald“ (Lebensraum). Noch in diesem Jahr wird die
Ausstellung „Standphotos – Dias und Screenografien mit Hinterlicht“ zu sehen sein.


Die DVD „Ein Tier schaut zurück“ und „Best of Tierschau“- ebenfalls eine Retrospektive auf Showhiglights der letzten 35 Jahre – ist vor kurzem erschienen. „Ein Tier schaut zurück“ kann auch in der SWR Mediathek abgerufen werden. Die DVD ist unter anderem hier erhältlich: http://goo.gl/6PDJd3.  Außerdem ist das Film-Doppel zum Deutschen Dokumentarfilmpreis 2018 im Rahmen des SWR Doku Festivals (27.- 30. Juni 2018 in Stuttgart

Watch the-Making-of-Video von Philipp Contag-Lada zum arsmondo-Gespräch über die gemeinsame Arbeit am Film "Ein Tier schaut zurück" mit Comedy-Legende Michael Gaedt und Filmemacher Dieter Zimmermann. Das Interview ist auch in der April-Juni-Ausgabe im Baden-Württembergischen Kulturmagazin arsmondo erschienen. 



oben: Philipp Contag-Lada mit Michael Gaedt, unten: Michael Gaedt, Dieter Zimmermann und Claudia Fenkart-Njie