Festival da Jazz

Das Festival da Jazz findet jährlich im Juli/August in Sankt Moritz statt. Kurzfristig hatte ich die Möglichkeit einige Tage ins Engadin zu reisen. Der glückliche Zufall wollte es, dass ich dadurch die Gelegenheit hatte zwei Konzerte des Festival da Jazz (8. Juli bis 1. August 2021) zu besuchen. Musikerinnen und Musiker aus dem Ausland konnten in diesem Jahr wieder anreisen. Besonders erwähnenswert sind José James und Brad Mehldau als wuchtiges Doppelkonzert zur Eröffnung, Angélique Kidjo am Lej da Staz zum Sonnenuntergang, Joss Stone im weitläufigen Kulm Park, ein erster Besuch von Rufus Wainwright und die Audienz von Almeister Zucchero. Hatte im letzten Jahr vor allem Corona viele der geplanten Vernstanstaltungen nicht möglich gemacht, so war es dieses Mal vor allem das Wetter, das für Turbulenzen vor allem bei den diversen Open-Air Konzerten sorgte. Für die Festivalmacher, allen voran Christian Jott Jenny hieß das natürlich jede Menge Jonglage…und natürlich galt auch in diesem Jahr das Motto «Keeping Live Music Alive» – mit Sicherheitskonzept und Live-Musik in und um St. Moritz.

Dancing and singing in the rain mit der britischen Sängerin Joss Stone

Die britische Sängerin startete ihre Karriere bereits im Teenageralter – zu ihren Vorbildern zählen u.a. Soulgrößen wie Aretha Franklin und Donna Sumer. Der internationale Durchbruch gelang ihr u.a. durch einen New-Yorker Plattenvertrag beim Label S-Curve und mit Hits „You had me“ und „Are You Diggin’ on Me?“. 1987 in Dover, England geboren,  gehört zur Generation von Sängerinnen wie Amy Winhouse und Duffy.  Ihren Erfolg verdankt sie allem voran ihrer gewaltigen Soulstimme, ihrem Charisma und  ihrer Fähigkeit eigene Songs in der Tradition von Pop-Jazz-Funk sowie R`nB der 80er Jahre zu schreiben und dabei ihre ganz eigene „Joss-Stone-Sound-DNA“ zu entwickeln – sprich: ihre groovig-emotionsgeladenen Lieder verfügen über hohen Wiedererkenungswert .  Joss Stone ist ein Freigeist und lässt sich nicht gerne dreinreden, wenn es um ihre Leidenschaften, die Musik und den Tierschutz (für den sie sich leidenschaftlich einsetzt) , geht. Mit der Gründung des Labels Stone’d Records hat sie im Jahre 2011 schließlich die volle Kontrolle über ihr Schaffen übernommen.

Leider hatte es der Wettergott auch am Tag des Open Air Konzerts von Sängerin Joss Stone im Kulm Park nicht gut gemeint. Blitzte zu Konzertbeginn hie und da noch ein Sonnenstrahl über den Bergspitzen durch, begann es recht bald zu tröpfeln und schließlich zu regnen. Joss Stone und wir im Publikum trugen es mit Fassung und ließen uns die Laune nicht verderben.

KULM PARK – Zur Ski-WM 2017 in St.Moritz erstrahlte der 110 Jahre alte Kulm Country Club im Kulm Park in neuem Glanz. Er gilt als Andenken an die Olympischen Winterspiele in St.Moritz. Für die Erweiterungsarbeiten ist der englische Star-Architekt Lord Norman Foster beauftragt worden. Pressefoto/Quelle: Festival da Jazz

Die Stimmung blieb gut, zum einen daraufzurückzuführen, dass Joss Stone gewohnt stimmgewaltig mit einem Querschnitt durch ihr breites Repertoire begeisterte zum anderen weil sie eine begnadete Entertainerin ist und zwischen den Songs launig aus ihrem Leben plauderte. Man erfuhr beispielsweise von ihrem krebskranken Hund und wie er sich Marihuna-sei-Dank wie durch ein Wunder wieder erholte, dass sie in diesem Jahr eine Tochter geboren hatte und sie „Violet“ getauft hatte, nach den Blumen, die sie besonders liebe. Für einige songs sprang sie schließlich sogar von der Bühne und mischte sich unter das Publikum. Im silber-glitzerden schulterfreuen Abendkleid tanzte sie (wie immer bei ihren Konzerten barfuß !) durch die Menge. Regen hin oder her – viele im Publikum erhoben sich von ihren Plätzen und tanzten mit und ohne leuchtend-orangefarbenen Regenschutz, dem der Veranstalter vorsorglich noch vor dem Konzert verteilt hatte.

Joss Stone – Während ihrer Total World Tour trat die Sängerin in über 200 Ländern mit lokalen Musikern auf (inklusive Syrien, Nordkorea und Turkmenistan!). Pressefoto/Quelle: Festival da Jazz

Experimentelle Klangreise mit Simona Severini und dem Pianisten Enrico Pieranunzi im Ballsaal Reine Victoria

Das zweite Konzert, das ich besucht habe, fand im Ballsaal des Hotel Reine Victoria (Sankt Moritz Bad) statt. Eines jener Grandhotels, die auf eine lange schillerende Geschichte zurückblicken kann: Elegante Lobby – Stuck und Deckenmalereien –  Glanz der Jahrhundertwende – leicht verblichen – und gerade deshalb voller Charme.

HOTEL REINE VICTORIA – Der altehrwürdige Klassiker in St.Moritz Bad. Der wunderschöne Theatersaal mit Jugendstil Charme und prächtigen Deckenmalereien von Antonio De Grada wurde schon in früheren Ausgaben des Festivals bespielt. Foto© Henry Schulz

Die Zusammenarbeit zwischen der Sängerin Simona Severini und dem Pianisten Enrico Pieranunzi geht auf das Jahr 2012 zurück, als sie gemeinsam in eine Hommage an Lucio Dalla involviert waren. Seither haben sich ihre Wege immer wieder gekreuzt – so wirkt Severini auf Pieranunzis Album «My Songbook» mit, auf dem sowohl die Musik als auch die Texte aus der Feder des federführenden Jazzpianisten Italiens stammen. Wie von Pieranunzi, der massgeblich durch die Begegnung mit dem Trompeter und Sänger Chet Baker geprägt wurde. nicht anders zu erwarten, zeichnen sich diese Stücke durch lyrische Anmut und romantische Untertöne aus.

Sängerin Simona Severini und dem Pianist Enrico Pieranunzi

Simona Severini und Enrico Pieranunzi nahmen uns mit auf eine Reise der Töne und Klänge – bekannte Jazzsongs interpretierte sie gänzlich neu und ungewohnt gemeinsam mit der Band und Enrico Pieranunzi mittels ausgehnter Songpassagen. Immer wieder folgten minutenlange freie Improvisationen – Severinis leise – laute – dahingehauchte Töne mischten sich mit freien Soli der einzelnen Bandmusiker, die sich durch Freejazz-Elemente auszeichneten  und begeistereten das Publikum.

Mein Fazit: Ein Besuch dieses kleinen und feinen Jazzfestivals lohnt sich, weil es über jene wunderbare Mischung aus Stars und Nachwuchs und sowohl landschaftlich als auch architektonisch-reizvollen Locations verfügt. Das Ganze noch inmitten der beeindruckenden Kulisse der Sankt Moritzer Bergwelt, die zwischen den Konzerten zu zahlreichen Wandermöglichkeiten einlädt. Und Sankt Moritz selbst – wird auch im Sommer seinem Mythos mehr als gerecht – ein Ort zu sein an dem man jede Menge interessanter Menschen aus aller Welt antrifft, ein Ort der Kunst und der Musik und des guten Essens – tradionsbewusst dabei gleichzeitig aber auch immer dem Neuen zugewandt, experimentierfreudig und last but not least sehr gastfreundlich. Ich werde jedenfalls wiederkommen – ganz bestimmt!
Ein Beitrag von Claudia Fenkart-Njie


Key visual Festival da Jazz

FESTIVAL DA JAZZ
Das Festival da Jazz findet jährlich im Juli/August in Sankt Moritz statt. Gegründet wurde das Festival von Christian Jott Jenny mit Unterstützung von Künstler und Designer Rolf Sachs. Die Gästeshow reicht von Stars und Legenden wie Al Jarreau, Chick Correa, Diana Krall, Nigel Kennedy. Neben der bewährten Bühne auf der Terrasse des Hotel Hauser finden kostenfreie Konzerte am See bei der Reithalle, im Taiswald und auf dem Vorplatz des Rondo in Pontresina statt. Neben der Chiesa San Pietro in Stampa wurde dieses Jahr auch erstmals die Kirche Eglise au Bois in St. Moritz Bad zur Festivalbühne.
«New Generation #Jazzlab»: Die Jungen Kommen -Erstmals  fand in diesem Jahr  die «New Generation #JazzLab» statt – ein Wettbewerb zwischen Masterclass und Förderpreis für aufstrebende Jazzmusikerinnen und -musiker. Neben Preisgeld und Auftritt am Festival konnten Nachwuchstalente die Masterclass mit erfahrenen Jazzgrössen besuchen (Mehr erfahren unter dem Hashtag #JazzLab-Winners auf der Festival-Website sowie auf Instagram und Facebook).

Mehr erfahren unter:
https://www.festivaldajazz.ch/de/guide
https://www.festivaldajazz.ch/de/programm
https://www.festivaldajazz.ch/de/locations
KONTAKT
Verein Festival da Jazz
c/o Amt für Ideen
Münstergasse 9
8001 Zürich
info@festivaldajazz.ch

Schreiben Sie einen Kommentar