HOLO HARMONIES – Der Tod und das Mädchen

Was sich das Stuttgarter Kammerorchester (SKO) mit der Weltpremiere von HOLO HARMONIES vorgenommen hat, ist eine echte Innovation innerhalb der Kulturszene: Modernste Technik mit 4K-Auflösung verbindet zwei Spielstätten, die fast 600 km voneinander entfernt liegen. Das Orchester wird unter der Leitung von Thomas Zehetmair gemeinsam mit dem Tschechische Nationalballett live und zeitgleich als täuschend echte Hologramme an die Seite der physisch anwesenden Künstler*innen auf die jeweils andere Bühne im Festspielhaus Baden-Baden und in der Staatsoper Prag „gebeamt“.

Prävisualisierung HOLO HARMONIES – Motive Bühne und Bühne plus Zuschauerraum Animation: Moritz Mayerhofer

Neu ist jedoch nicht nur die digitale Technik, auch szenisch verbindet die Produktion in der XR-Regie von Jana Günther gleich drei Uraufführungen: die neue Kreation des italienischen Starchoreographen Mauro Bigonzetti für das Tschechische Nationalballett, der elektronische Soundtrack von Sven Helbig, als zeitgenössische Fortschreibung von Franz Schuberts Der Tod und das Mädchen, sowie die Animationen von Moritz Mayerhofer, die ein filmisches Element ins Spiel bringen und eine visuelle Meta-Dimension eröffnen. So gewinnt Franz Schuberts ikonisches kammermusikalisches Werk, ergänzt durch Helbigs Kompositionen und gespiegelt in Tanz und Film, noch zusätzliche Bedeutungsebenen. Dem Publikum verspricht HOLO HARMONIES in jedem Fall ein einzigartiges Erlebnis: die Begegnung von Mensch und Transzendenz, eine Reise in andere Sphären – getragen und geschaffen durch das innovative, intensive Zusammenspiel dreier Künste.

Prävisualisierung HOLO HARMONIES – Motive Bühne und Bühne plus Zuschauerraum Animation: Moritz Mayerhofer

HOLO HARMONIES – Der Tod und das Mädchen
Weltpremiere
Freitag, 1. Dezember 2023 um 20:00 Uhr
Stuttgarter Kammerorchester und Tschechisches Nationalballett

Karten: Ticket Hotline+49 (0) 72 21/30 13-101 und www.festspielhaus.de

Festspielhaus Baden-Baden und Staatsoper Prag
Eine Produktion des Stuttgarter Kammerorchesters in Kooperation mit dem Tschechischen Nationalballett

Musik: Franz Schubert, Streichquartett Nr. 14 d-Moll Der Tod und das Mädchen (eingerichtet für Streichorchester) // Uraufführung Sven Helbig – Prolog und Interludien zu Schuberts Streichquartett Nr. 14
Musikalische Leitung: Thomas Zehetmair
Live-Elektronik: Sven Helbig
Choreographie: Mauro Bigonzetti
XR-Regie: Jana Günther
Animationsregie: Moritz Mayerhofer
Gesamtkonzept: Jana Günther, Markus Korselt, Tobias Scherer
XR-Konzept: Jana Günther, Tobias Scherer
Stuttgarter Kammerorchester
Tschechisches Nationalballett

Über Mauro Bigonzetti

Mauro Bigonzetti ist aus der europäischen Ballettwelt nicht wegzudenken. Schließlich gilt der langjährige künstlerische Leiter von Aterballetto als großer Neuerer des modernen Tanzes, nicht nur in Italien. Fast wie ein Bildhauer legt er mit seiner unverwechselbaren Bewegungssprache zwischen zeitgenössisch und klassisch die atemberaubende Schönheit des Körpers frei. Trotzdem sind seine Schöpfungen alles andere als akademisch. Dafür ist Bigonzetti zu sehr verwurzelt in der lebensprallen Volkskultur seiner italienischen Heimat, von der er sich häufig musikalisch inspirieren lässt, unter anderem in seinem signature piece Cantata.
Franz Schuberts Der Tod und das Mädchen hat er übrigens schon einmal choreographisch umgesetzt, in Kombination mit den antipodischen Klängen von Helmut Lachenmann. In seinem berühmten Pression von 1994 modellierte Bigonzetti die Körper seiner Tänzer*innen poetisch, sehr plastisch und mit beeindruckender tänzerischer Virtuosität. Man darf gespannt sein, wie die erneute Auseinandersetzung mit diesem Stoff ausfallen wird. Das Tschechische Nationalballett ist Mauro Bigonzetti übrigens bestens vertraut – seine erste Kooperation mit Prag war 2019 das abendfüllende Ballett Kafka: The Trial.
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Über Sven Helbig

Sven Helbig (*1968) zählt zu den profiliertesten und vielseitigsten deutschen Komponisten der Gegenwart. Stilistisch kommt er von der elektronischen und minimalistischen Musik – die er vorwiegend für traditionell besetzte Orchester und Ensembles instrumentiert. Das macht Helbigs Werke gleichermaßen anschlussfähig in der Klassikszene wie im Pop. Entsprechend selbstverständlich kooperiert der Co-Gründer der Dresdner Sinfoniker einerseits mit den BBC Singers, dem Fauré Quartett oder dem Cellisten Jan Vogler und auf der anderen Seite mit den Pet Shop Boys, Rammstein oder Snoop Dogg.
Helbigs Originalmusik für HOLO HARMONIES besteht aus einem Prolog und drei Interludien, die zwischen den einzelnen Sätzen Schuberts zu hören sind. Für die Begegnung von Mensch und Unendlichkeit hat er ein ganz spezielles Register gewählt, die sogenannte Drone Music. Sie arbeitet mit Borduntönen und langgezogenen Tonclustern, um eine große, in diesem Fall extreme Dehnung zu erzeugen. Konkret hat Helbig Passagen aus Schuberts Vorlage um 800 Prozent elektronisch verlangsamt, um eine Wahrnehmung außerhalb unseres Zeitgefühls zu erzeugen. Dazu Helbig: „Der Tod ist in meiner Deutung keine Märchenfigur, kein wilder Knochenmann, sondern etwas Fluides, der aus dem Unendlichen auftaucht und wieder eintaucht. Unser zeitlich begrenztes Leben spielt sich sozusagen vor einem ewig währenden Hintergrund ab – so wie die Stille ja nicht aufhört zu existieren, auch wenn jemand spricht.“
Mehr unter: www.svenhelbig.com
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Über Thomas Zehetmair

In der Saison 2019/2020 übernahm Thomas Zehetmair die musikalische Leitung des Stuttgarter Kammerorchesters und treibt gemeinsam mit dem Intendanten Markus Korselt die konsequente Innovationsstrategie des SKO weiter voran. Parallel bekleidet er seit 2021 den Posten als Chef principal des Orchestre National d’Auvergne und ist Conductor Laureate der Royal Northern Sinfonia, die er von 2002 bis 2014 als Music Director leitete zu einem der führenden Orchester Englands formte. Thomas Zehetmair gelingt das Kunststück, als Violinist, Kammermusiker und Dirigent gleichermaßen erfolgreich zu sein. So scheinbar mühelos wie seine Rollen wechselt der gebürtige Österreicher auch das Repertoire. Das Klassisch-Romantische und die Moderne liegen ihm ebenso wie das Zeitgenössische. Als Kammermusiker ist er seit 1994 mit dem Zehetmair Quartett auf den internationalen Konzertpodien präsent. Als Geiger bringt er regelmäßig Stücke zur Uraufführung, darunter auch das ihm gewidmete Violinkonzert von Heinz Holliger. Eine Fülle preisgekrönter Einspielungen und die Zusammenarbeit mit Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Daniel Barenboim oder Herbert Blomstedt zeugen von seinem weltweiten Standing als Solist. Besondere Beachtung fand zuletzt seine Neueinspielung der Sei soli von Bach auf Barockgeige. Sie eröffnete die Bestenliste der New York Times 2019, war eine von sechs ZEIT-Empfehlungen des Jahres und gewann den Opus Klassik 2020 für die beste solistische Einspielung.

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Animation & XR

Das spektakuläre virtuelle Universum von HOLO HARMONIES ist ein gemeinschaftliches Gesamtkunstwerk von Jana Günther, Tobias Scherer und Moritz Mayerhofer. Alle drei haben ihr Know-how an der Filmakademie Baden-Württemberg erworben und sind nach ihrem Diplom in eine erfolgreiche Karriere im Bereich Film und Medien gestartet. Ebenfalls verbindet die Drei ihre Vorliebe für Produktionen auf dem aktuell avanciertesten Stand der Technik.
HOLO HARMONIES ist das Ergebnis von vier Jahren Entwicklungsarbeit und operiert einmal mehr an der Grenze des derzeit technisch Machbaren, mit einem hohen Echtzeit-Anteil und höchsten Anforderungen an die Präzision der sich überlagernden Ebenen von Projektion, Musik und Tanz. Ein „maximal immersives Erlebnis für das Publikum“ wünscht sich XR-Director & Creative Producer Jana Günther folgerichtig für das Publikum. Und gleichzeitig eine schillernde, entrückte, mehrdeutige Erfahrung. So wie der ständig changierende visuelle Kosmos, den die Drei für HOLO HARMONIES entworfen haben. Ein Flow von Bildern, die die Schwebe halten zwischen Diesseits und Jenseits. Nicht festlegen lässt sich im Übrigen auch die Produktion selbst. Dazu noch einmal Jana Günther: „Bei der Arbeit an HOLO HARMONIES fasziniert mich, wie wir eine ganz neue Dimension von Gleichzeitigkeit schaffen. Denn wir werden dank der Technik an beiden Orten das Gleiche erleben – aber nie dasselbe sehen!“

Jana Günther
hat sich auf die Entwicklung profilierter digitaler, meist transdiziplinärer Projekte für Kulturinstitutionen spezialisiert. Möglich macht das ihre reiche Erfahrung in so unterschiedlichen Rollen wie Autorin, XR-Regisseurin und Creative Producer. Die notwendige Praxis sammelte sie unter anderem in Stationen beim Saarländischer Rundfunk, der Grundy UFA und Constantin Television. Als Autorin war sie außerdem beteiligt am Erfolg der Wegesrand-Produktion Wo ist Goldi? – Sicher Surfen im Netz, die mit dem kanadischen International Serious Play Award 2022 ausgezeichnet wurde.
Mehr unter: www.super-volt.de

Moritz Mayerhofer
ist Animationsregisseur, Autor und Gründer von StudioNICE creative. Seine Arbeiten wurden auf Festivals weltweit gezeigt und erhielten zahlreiche Preise, allen voran sein Kurzfilm Urs, der 2011 auch auf der Short List für einen Oscar stand. Erst vor wenigen Tagen war Mayerhofer an einer viel beachteten Premiere im Londoner Barbican Centre beteiligt – mit animierten Konzertvisuals zu Alev Lenz’ Komposition 7 Planets, uraufgeführt von dem Grammy-prämierten Vokalensemble Roomful of Teeth.
Mehr unter: www.moritzmayerhofer.com
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Über das Stuttgarter Kammerorchester

78 Jahre nach seiner Gründung sieht sich das Stuttgarter Kammerorchester (SKO) – mit seinem Führungstrio aus Chefdirigent Thomas Zehetmair, Jörg Widmann als Künstlerischem Partner und Markus Korselt als Geschäftsführendem und Künstlerischem Intendanten – als kulturelle Instanz mit Verantwortung in einer Doppelrolle. Die Tradition bewahren und gleichzeitig klangliche und programmatische Maßstäbe für die Zukunft setzen: Daraus schöpft das SKO seine kreativen Ideen. Ein reiches Repertoire vom Barock bis hin zu Uraufführungen, die Zusammenarbeit mit international bekannten Solist*innen und das selbstbewusste Überschreiten von Genregrenzen mit herausragenden Künstler*innen aus Jazz und Elektronischer Musik in publikumsnahen Formaten machen es zu einem der vielseitigsten Ensembles der Gegenwart mit weltweiter Konzerttätigkeit. Einen besonderen Schwerpunkt legt das SKO auf die Digitalisierung, mit der in schneller Taktung neue Projekte und Visionen entstehen, um Menschen über alle Grenzen hinweg im Hier und Jetzt zu erreichen. Im März 2022 erreichte das SKO als erstes Orchester in Deutschland die Klimaneutralität.
Mehr unter: www.stuttgarter-kammerorchester.com
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Über das Tschechische Nationalballett

Offen für die Tanzmoderne, ohne die großen Klassiker zu vernachlässigen: Mit seiner Entdeckungsfreude und Offenheit für den zeitgenössischen Tanz geht das Tschechische Nationalballett in der vorwiegend klassisch ausgerichteten Tanzszene von Osteuropa einen ganz eigenen Weg. Dafür sorgt nicht zuletzt der Künstlerische Leiter Filip Barankiewicz, ein in der Ballettwelt außerordentlich gut vernetzter Chef, dessen Karriere maßgeblich durch seine Jahre als Erster Solist beim Stuttgarter Ballett geprägt wurde.