Luigi Colani. Popstar des Designs

Design-Visionär und Design-Revolutionär, der Name Luigi Colani steht wie kein anderer für neue deutsche Designkultur. In ihrer Winterausstellung präsentiert die Galerie Stihl Waiblingen den Designer Luigi Colani, der 2019 verstorben ist. Gerade Linien und Ecken sucht man vergebens in Colanis Werk; die Natur inspirierte Colani zu runden und organische Formen oder wie es Colani auf den Punkt brachte: „90% Natur, 10% Colani“. Mit seinen knallig bunten Kunststoffmöbeln entwickelte sich Colani in den 70er Jahren zum Popstar des Designs. Von Alltagsgegenständen wie Brillen und Teeservices über Sitzmöbel bis hin zu aerodynamischen Autos und Flugzeugen, Colani widmete sich allen Bereichen des Lebens, um den Menschen das Leben mit seinen Ideen zu erleichtern. Er war mit seinen Visionen seiner Zeit weit voraus. Ab dem 18. November sind in der Galerie Stihl Entwurfszeichnungen und Skizzen von Prototypen von der Hand Colanis im Dialog mit Möbelstücken und einzigartigen Designobjekten zusehen.

Entwurfszeichnung Colani C 112 (Vorschlag für Mercedes), 1970, Kreide auf Karton, Sammlung Siekmann Berlin © Colani Design Germany GmbH, Foto: Katja Clos

In den 1960er Jahren avancierte Luigi Colani (1928-2019) zu einem der einflussreichsten deutschen Industriedesigner. Er rebellierte mit seinen knallbunten Kunststoffobjekten in runden und futuristischen Formen gegen das deutsche minimalistische Design der Nachkriegszeit. Colani gelang es nicht nur aufgrund seiner Schöpfungen, sondern mit seinem Namen, als Marke bekannt zu werden und als Urheber seiner Produkte aufzutreten. Alle seine Werke tragen seine Signatur: den Colani-Schriftzug und später das Signet mit charakteristischem Colani-Portrait. Er inszenierte sich als Schlossherr mit Schnauzer, weißer Kleidung und Zigarre oder als Jäger von Geschwindigkeitsrekorden mit aerodynamischen Fahrzeugen und etablierte sich mit kantigen Sprüchen als Popstar des Designs.

Überraschend muten, neben dem Popstar-Image, die weiteren Facetten des Designers an. Bereits als Kleinkind schuf Colani erste plastische Objekte und gestaltete sein Spielzeug selbst. Ein Studium der Bildhauerei und Malerei an der Berliner Hochschule der Künste brach der gebürtige Berliner ab. Es zog ihn nach Paris an die Sorbonne. Hier, an der ältesten Universität Frankreichs, studierte Luigi Colani Aerodynamik und erlernte die Grundlagen für sein Biodesign, wie er seine ureigene spätere Formensprache nannte. Ergonomische und die von der Natur inspirierten runden und organischen Formen kennzeichnen das Biodesign, das, wie Colani sagte, „Neunzig Prozent Natur und zehn Prozent Colani – höchstens!“ beinhaltete. Dieser Anspruch offenbart sich in der Schau: Sie zeigt über alle Ausstellungssektionen hinaus die von runden Formen dominierten Objekte, weder gerade Linien noch Ecken und Winkel werden sichtbar.

Luigi Colani, Sessel-Plastik (Prototyp), 1965, Sammlung Siekmann Berlin © Colani Design Germany GmbH,, Foto: Colya Zucker

Im Mittelpunkt von Colanis Ideen steht sein Manifest YLEM (griech. „Urmaterie“) aus dem Jahr 1971. Darin entwickelte Luigi Colani auf 120 losen Blättern eine allumfassende Designtheorie des Lebens und der Zukunft des Menschen. Das YLEM setzt sich aus Zeichnungen und Fotografien sowie erläuternden Texten zu den Abbildungen zusammen. Ausgehend vom YLEM und dessen Aufteilung in Themenblöcke, wie beispielsweise Wohnen, Gesellschaft oder Auto, sind verschiedene Ausstellungssektionen abgeleitet. Die YLEM-Blätter führen durch die Inhalte der Schau und sind neben weiteren Entwürfen im Original zu sehen.

Es verblüfft immer wieder, wie lebensnah und gleichzeitig visionär das YLEM ist. So hat Colani mit seinen Vorhersagen die gegenwärtige Wirklichkeit oftmals vorweggenommen; früh entwarf er beispielsweise ein elektronisch angetriebenes Minifahrzeug oder prognostizierte das Ende des klassischen Automobils. Gleichzeitig bleibt, fasziniert von Geschwindigkeit und Aerodynamik, Colanis Leidenschaft für Fahrzeuge, ob zu Land, zu Wasser oder in der Luft, bis zu seinem Lebensende bestehen. In der Ausstellung findet sich seine Begeisterung in Fahrzeugentwürfen, 3D-Modellen und original Colani-Fahrzeugen wieder.

Die Schau reicht von ersten Entwürfen Luigi Colanis bis in die 2000er Jahre und umfasst dabei spektakuläre Objekte, so einen Colani-GT Sportwagen aus den 1960er Jahren. Sie werden ergänzt um eine Vielzahl von originalen Entwürfen und Zeichnungen aus einer Privatsammlung. Der Dialog von Objekten und angewandten Zeichnungen gibt einen Einblick in das wegweisende Form- und Designverständnis Luigi Colanis, des Popstars des Designs. Mit seinen ikonischen Designs ist er weltweit in Sammlungen, wie dem MoMA New York, vertreten.

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