Anspruchsvolle Choreographien, getragen von originellen Ideen, Humor und hohem tänzerischen Niveau sind das Markenzeichen von Gauthier Dance und sorgen für ausverkaufte Vorstellungen und Euphorie bei Publikum und Presse. Das selbst gesteckte Ziel, ein neues Publikum für den zeitgenössischen Tanz zu begeistern, hat die Company erreicht. Sie steht für Zuschauernähe und Kunstgenuss ohne Schwellenangst. Eric Gauthiers sehr persönliche, humorvolle Art der Tanzvermittlung kommt überall an. Das beweist er bei seinen Einführungen vor jeder Show von Gauthier Dance im Theaterhaus Stuttgart ebenso wie auf Tour, bei seinen Mitmach-Tanzangeboten in der Stuttgarter City zum COLOURS International Dance Festival oder bei zahlreichen „Tanz für alle“-Workshops.
Wie entsteht ein neues Stück, woher kommen die Ideen, die Inspiration?
Ich glaube jeder Künstler hat seine ganz eigene Methode, das gilt auch für Choreografen. Bei mir ist es ganz oft eine bestimmte Musik, die Geschichten bei mir auslösen. Aber nicht im Sinne von: Hier ist die Musik und nun versuche ich die passenden Bewegungen dazu zu finden, sondern es ist ein wenig wie Kopfkino. Ich höre eine Melodie und dann kommt mir z.B. eine Szene zwischen Mann und Frau in den Sinn, oder eine ganz bestimmte Situation. Wie bereits erwähnt, arbeite ich ständig an neuen Stücken und irgendwann habe ich einen Film über Schlangenbeschwörungen in Indien gesehen. Sie kennen das: ein Korb auf dem Boden und ein Mann im Schneidersitz davor. Er beginnt mit dem Flötenspiel und die Schlange kommt heraus und fängt sich an im Takt der Musik hin und her zu bewegen. Das hat mich fasziniert und ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Langsam reifte die Idee, eine solche Szenerie tänzerisch umzusetzen und so bat einen mit mir befreundeten Komponisten mir dazu die passende Musik zu schreiben. Später haben wir uns getroffen und ich habe ihm genau die Idee zu meiner Geschichte erklärt. Am Ende ist daraus ein Duett oder besser ein Tanzduell entstanden.
Dann ist also immer eine Geschichte, Situation oder Szene und nicht die Bewegung oder die Musik der erste Impuls für ein neues Stück?
Ja bei mir ist das so. Ich habe meine Ideen und meine Bilder im Kopf und dann reift daraus einen bestimmten künstlerischer Prozess, an dessen Ende dann ein neues Stück steht. Wenn es weit genug ausgereift ist, beginne ich mit meinen Tänzerinnen und Tänzern daran zu arbeiten. Dann nehme ich sie mit auf meinem Weg und wir arbeiten ab da gemeinsam an der Umsetzung und Weiterentwicklung.
Sie sind der kreative Kopf ihrer eigenen Company und ihr künstlerischer Leiter. Mit Egon Madsen, dem ehemaligen großartigen Solotänzer des Stuttgarter Balletts verbindet Sie eine enge und langjährige künstlerische Zusammenarbeit…
Ich kenne und schätze Egon Madsen sehr und kenne ihn ja noch aus meiner Zeit, als ich selbst noch Solotänzer beim Stuttgarter Ballett war. Viele seiner Rollen habe ich auch getanzt. Er lebt heute in Italien und kommt aber regelmäßigen Abständen zu Probearbeiten. Als ich ihm vor einigen Jahren von meinen Plänen erzählte, eine eigene Ballettcompany zu gründen, bat ich ihn um Unterstützung. Er half mit wertvollen Tipps und Ratschlägen dieses Projekt erfolgreich umzusetzen. Heute ist er mein fester Company Coach. Oft kommt er einige Tage vor wichtigen Premieren oder Aufführungen und wir feilen nochmals gemeinsam an den Choreografien. Er ist mein Blick von außen, der enorm wichtig ist, wenn man selbst mitten in einer so intensiven Schaffensphase steckt. Ich bin oft impulsiv, da braucht man einen erfahrenen Mentor, der den entsprechenden Ausgleich schafft.
Aber das ist ja nicht alles…als Leiter der Company müssen Sie sich auch um die organisatorische und finanzielle Seite kümmern, Gespräche mit Sponsoren gehörten hier ebenso dazu, wie immer ein offenes Ohr für Ihre Tänzerinnen und Tänzer zu haben. Wie integrieren Sie das in ihren Tagesablauf?
Mein großes Glück ist, dass das Theaterhaus Stuttgart von Anfang an bereit war uns zu unterstützen. Heute ist es unsere feste Heimstätte. Dadurch haben wir Vorteil, dass wir bei der Organisation feste Strukturen haben.
Aber was Sponsoren angeht, so ist das nach wie vor mein Job. Wenn man Unterstützer gewinnen will, muss man sich dafür auch ganz persönlich einsetzen. Dann greift die Begeisterung und Überzeugung in eine gute Sache zu investieren auch über. Der andere große Teil, um den ich mich kümmere sind die vielen Verhandlungen zu unseren Gastspielen, die uns mittlerweile in die ganze Welt führen. Jede Anfrage bedeutet, dass man sich Gedanken zu Terminen und den Stücken macht. Erst seit ich meine eigene Compagnie habe, erlebe ich Tag für Tag, wie viel Arbeit hinter den Kulissen in Anspruch nehmen. Auch für die Probleme meiner Tänzerinnen und Tänzer will ich immer ein offenes Ohr haben. Wir sind ja nicht nur auf der Bühne und bei den Proben zusammen, wenn es private Schwierigkeiten gibt, oder gar gesundheitliche Probleme auftauchen, bin ich zur Stelle und versuche zu helfen und zu unterstützen.
Sie haben sich vom Solotänzer zum Leiter einer eigenen sehr erfolgreichen Company entwickelt. Sie haben mit Colours in Stuttgart ein eigene Tanzfestival gegründet. Wie schwer wiegt die heutige Verantwortung?
Ich habe es nie bereut, diesen Schritt gegangen zu sein. Man wächst Schritt für Schritt hinein in solche Aufgaben. Natürlich ist mir manchmal bewusst, wie hoch der Anspruch von allen Seiten an mich ist, denn letztendlich bin immer ich es, der alles entscheidet, selbst zu bestimmen, ist mir aber auch sehr wichtig. Aber auf der anderen Seite macht es großen Spaß und viel Freude von a bis z sein eigenes Tanztheater zu gestalten.
(Das Interview führte Claudia Fenkart-Njie, Herausgeberin arsmondo)
Aktuelle Programme von Gauthier Dance finden Sie hier
und unter www.theaterhaus.com
Filme von und mit Eric Gauthier
Das Konzept von Dance Around the World: Eric Gauthier nimmt das Publikum mit auf eine Reise zu Tanzmetropolen auf der ganzen Welt und taucht dort ein in die pulsierende Tanzszene vor Ort. Eric Gauthier, selbst Teil der internationalen Tanzszene, führt die Interviews mit seinen Künstlerkolleg(inn)en auf Augenhöhe – mit selbstverständlichem Know-how, oft selbst tanzend und immer in Bewegung. Vor zwei Jahren konnte man Eric Gauthier zum ersten Mal als ebenso sachkundigen wie sympathischen Reiseleiter durch die zeitgenössische Tanzszene Israels erleben. Der Pilot für die vom SWR produzierte Doku-Serie DANCE AROUND THE WORLD in der Regie von Andreas Ammer stieß auf große Resonanz beim Publikum, sollte pandemiebedingt jedoch zunächst die einzige realisierte Folge bleiben. Nun kommen endlich auch die nächsten beiden Folgen auf die deutschen Fernsehbildschirme. Das erste Tanz-Triple-Paket steht ab 8. August 2022 in der ARD-Mediathek zur Verfügung. Besonders eindrücklich ist die zweite Folge über St. Petersburg. Sie wurde im Herbst 2021 im „Vorkriegsrussland“ gedreht. Etliche der Porträtierten sind inzwischen im Exil oder in den Westen zurückgekehrt, darunter auch Eric Gauthiers St. Petersburg-Erklärer Xander Parish.
Direkt im linearen TV-Programm wird am Sonntag, 7. August 2022 um 23:05 Uhr die dritte Folge über die Niederlande in der ARD ausgestrahlt. Eine Nation aus künstlerischen Visionär*innen, die mit Companies wie dem Scapino Ballet Rotterdam, dem Nederlands Dans Theater oder Introndans den zeitgenössischen Tanz geprägt hat wie kein anderes Land.
Alle Folgen können in der ARD-Mediathek auch nach Erstausstrahlung online abgerufen werden. Hier gehts zum Trailer
Dancing Beyond – Eric Gauthier und seine Company
18.02.2022 ∙ Doku & Reportage ∙ SWR
Doku & Reportage
Der gebürtige Kanadier tanzte elf Jahre am Stuttgarter Ballett. Die Doku erzählt aber auch von seiner eigenen „Gauthier Dance Company“, die er 2007 am Theaterhaus Stuttgart gründete. Der Film ist bis 25.02.2023 in der SWR Mediat
Außerdem hat der umtriebige Chef von Gauthier Dance hat einen eigenen YouTube-Channel mit Mittanz-Clips. Unter dem Hashtag #Wohnzimmerballett will er die Menschen in Bewegung bringen, ganz unkompliziert und zu Hause. Direktlink: Hier gehts direkt zum Youtube Channelvon Eric Gauthier