Tierisch gut – Paradise reloaded

„Tierisch gut – Paradise reloaded“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Art.Plus in Donaueschingen. Das Motto ist jedoch ironisch zu verstehen, denn eine heile Welt wird man in der Ausstellung nicht finden, geschweige denn das Paradies.

Gabriela Oberkofler, Vogelhäuschen und Tierfallen, 2022

Die Idylle trügt: Besonders offensichtlich wird das im Raum, den die Künstlerin Gabriela Oberkofler eingerichtet hat: Zeichnungen aus kleinsten Punkten, Linien, Schraffuren und winzigen Zeichen, Tierkäfige oder Fallen, gebaut aus Zweigen und roten Schnüren, im Zentrum eine feingliedrige Installation aus Ästen, Vögeln und Schmetterlingen, die an Fäden von der Decke schweben, Pilze, Fische, ein Eichhörnchen. Auf den ersten Blick tatsächlich ein kleines Paradies, doch das Eichhörnchen ist halbiert, die Fische sind aufgespießt. Die Künstlerin hat subversiv eingegriffen, das Paradies ist beschädigt, also explizit zeitgenössisch, bestenfalls „reloaded“.

Friedemann Flöther, Einhorn, 2009/2010

Der Stuttgarter Bildhauer Friedemann Flöther interpretiert dagegen ein altes Motiv aus der Kulturgeschichte bzw. Mythologie: Das Einhorn. Dem Fabelwesen begegnet man gleich am Eingang. Einst spielte es in der christlichen Ikonografie des Mittelalters und der Renaissance eine bedeutsame Rolle als Sinnbild der Reinheit und Keuschheit. Heute mutieren Einhörner zu Kuscheltieren und zieren als kitschige Motive Kleidung und Accessoires. Diesen eskapistischen Hype nimmt Flöther auf die Schippe: sein Einhorn hat sich in eine Säule gerammt, in die Ausweglosigkeit – aus Wut oder Verzweiflung angesichts der Auswüchse gnadenlosen Konsumterrors, könnte man spekulieren. Ein eigener Raum ist der Arbeit „Solipsis VI“ des Südafrikaners Wim Botha gewidmet: die Installation aus Holz, Leuchtröhren und Styroporformen, die Vögel assoziieren, beschwört Bilder zwischen Poesie und Alptraum. Ein Werk mit magischer Dimension hat der kubanische Künstler José Bedia geschaffen: eine Meeresschildkröte, die sich in unbegrenztem Raum bewegt – ohne Ziel und damit frei. Beim indigenen Volk des Seri wird diese Art Schildkröte als heiliges Tier verehrt. Auch für Kang Jinmo aus Südkorea ist die spirituelle Komponente ein integraler Bestandteil seiner künstlerischen Recherche. Namentlich das Yin-Yang-Prinzip, das entgegengesetzte Kräfte oder Phänomene ins Gleichgewicht bringt, spielt hier eine wichtige Rolle.
Weitere Positionen, die in der Ausstellung „Tierisch gut – Paradise reloaded“ vertreten sind, stammen von Jan Davidoff, Pascal Haudressy, Kenny Hunter, Luigi Mainolfi, Helmut Middendorf, Davide Rivalta, Roland Schauls, Bernd Völkle und Claudia Weber.

Claudia Weber, Ratte 2, 2004 © Museum Art.Plus

Die Ausstellung dauert bis zum 12. November 2023.
Tipp: Ein Audioguide auf der Museums-Website stellt die
einzelnen Werke vor.
Weitere Info: MUSEUM ART.PLUS, Donaueschingen,
Fon 0771/89 66 89-0, www.museum-art-plus.com
Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag und Feiertage:
11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.