
Giacomo Puccinis Oper als Neuinszenierung des Opern-Klassikers am Theater Heidelberg.
Manon Lescaut behandelt das ewige Dilemma zwischen Geld, Reichtum und Macht auf der einen Seite und einer romantischen, bedingungslosen Liebe auf der anderen. Puccini griff dabei auf den Roman des französischen Benediktinermönchs Abbé Prévost aus dem 18. Jahrhundert zurück, um das Psychogramm einer jungen Frau aus einfachen Verhältnissen vielschichtig zu zeichnen. Sowohl der Roman als auch die Oper schildern das Leben und Leiden von Manon Lescaut, die zwischen den Verlockungen des Luxus und der aufrichtigen Liebe hin- und hergerissen ist.
Manon, eine junge Frau, verliebt sich leidenschaftlich in den mittellosen Studenten Chevalier des Grieux, der aus gutem Hause stammt. Ihre romantische Liebe wird jedoch auf die Probe gestellt, als Manon sich dem Wohlstand und den Versprechungen eines besseren Lebens hingibt – ermöglicht durch reiche, meist ältere Liebhaber.
Im Haus des angesehenen Geronte de Ravoir genießt sie Komfort und Anerkennung, während sie gleichzeitig die aufrichtige Liebe des Studenten Renato des Grieux erfährt. Doch Geronte bezichtigt Manon des Diebstahls, woraufhin sie nach Amerika deportiert wird. Auch dort gelingt es ihr und des Grieux, der Manon begleiten kann, nicht, ein glückliches Leben aufzubauen. Ihre Liebe scheitert schlussendlich an den gesellschaftlichen Zwängen, dem Standesdünkel, dem Klassenbewusstsein und einer rigiden, heuchlerischen Moral jener Zeit. Der innere Konflikt zwischen Gefühlen und gesellschaftlichem Aufstieg treibt Manon Stück für Stück in einen Abgrund.

Die Grundthematik – das Streben nach romantischer, aber oft unmöglicher Liebe und die Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen – findet sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert in vielen literarischen Werken wieder. Autoren wie Victor Hugo (Les Misérables), Alexandre Dumas (Die Kameliendame) und Émile Zola übten in ihren Romanen soziale Kritik. Auch Giuseppe Verdi griff das Motiv in seiner Oper „La Traviata“ auf.
Das Libretto von Manon Lescaut entstand mit Beteiligung von acht Textdichtern, darunter Puccinis Verleger Ricordi, und basiert auf Prévosts Roman aus dem Jahr 1731. Trotz der mühevollen Entstehung war die Uraufführung 1893 in Turin ein großer Erfolg. Die Oper enthält berühmte Arien wie „Donna non vidi mai“, Manons „Vedete? Io son fedele“, „In quelle trine morbide“ und „Sola… perduta, abbandonata“. Puccini schöpfte aus der Schönheit und Dramatik des italienischen Verismo und fand dabei seine eigene musikalische Sprache – Manon Lescaut markierte seinen internationalen Durchbruch.

Am Theater Heidelberg verlegte Regisseurin Friederike Blum die Handlung ins moderne Hier und Jetzt. Ihre Inszenierung ist jung, frisch – und dabei klug, modern und voller Dynamik. Eine minimalistische Bühne, Hoodies, Turnschuhe und Glamour der modernen Popkultur bilden das Setting, ebenso wie für die unwirtliche feindliche Welt- moderner Military und an US-Gefängnisse erinnernde Outfits. Die Inszenierung demonstriert so die Zeitlosigkeit des Stücks (it can happen anytime and everywhere) und steht so in Spannung zur opulenten Musik Puccinis. Im Mittelpunkt stehen Manon und des Grieux – tanzend und taumelnd bewegen sie sich von Event zu Event, zwischen Leidenschaft und Liebe, Euphorie und Verzweiflung. Gesanglich überzeugen Signe Heiberg als Manon und Jaesung Kim als des Grieux, und können auch schauspielerisch überzeugen, während Generalmusikdirektor Mino Marani für den schmelzenden italienischen Klang sorgt.
Text: Claudia Fenkart
Weitere Info, Trailer und Termine: www.theaterheidelberg.de