Die 1905 erbaute Villa in der Ahornstraße in Stuttgart Degerloch war in den 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre ein echter Treffpunkt der künstlerischen Moderne. Nach aufwändigen renovierungs- und Umbauarbeiten ist die Villa seit 2022 öffentlich und bietet ein interessantes Ausstellungs – und Veranstaltungsprogramm.
Willi Baumeister spricht von der „gescharten Moderne“, die sich dort versammelte. Der Hausherr des ehemaligen Wohn- und Atelierhauses war einer der wichtigsten Wegbereiter der Moderne – der Maler und Kunsthistoriker Adolf Hölzel.
Der Pionier der Abstraktion bezog das Haus nach seiner aktiven Zeit als Professor an der Königlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart 1919. Seine ehemaligen Schüler und Schülerinnen, darunter Max Ackermann, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister, Ida Kerkovius, Johannes Itten, Otto Meyer-Amden und Adolf Fleischmann, gaben sich die Klinke in die Hand.
Anfang der 1920er-Jahre entdeckte Adolf Hölzel das Arbeiten in der Pastelltechnik für sich, die seinem experimentierfreudigen Schaffensdrang ungleich besser entsprach als die geringeren zeichnerischen Möglichkeiten und langen Arbeits- bzw. Trocknungsprozesse der Ölmalerei. Die Radikalität seiner künstlerischen Vorgehensweise führte dazu, die Kunst vom Gegenstand und in noch größerem Maße vom Inhalt zu lösen sowie sich bewusst auf künstlerische Mittel zu beschränken.
Nach dem Tod des Hausherrn wurde es still um das Gebäude, bis 2005 die Enkelin des Malers, Doris Dieckmann-Hölzel, die gemeinnützige Adolf Hölzel Stiftung gründete und nach ihrem Tod 2010 den gesamten künstlerischen Nachlass inklusive Immobilie der Stiftung vermachte. In der Folgezeit hat die Adolf Hölzel Stiftung, ihrem Grundsatz gemäß – das künstlerische Gesamtwerk Adolf Hölzels kontinuierlich und nachhaltig weiter zu fördern, den Nachlass in seiner Substanz zu erhalten, aufzuarbeiten und zu ergänzen – kräftig Überzeugungsarbeit geleistet, Bau- und Finanzierungspläne erstellt. Mit Unterstützung der Landeshauptstadt Stuttgart, des Aktion Mensch e. V., der Péter Horváth-Stiftung, der Südwestbank und dem Förderverein Hölzel-Haus e. V ist es letztlich gelungen, das Haus zu sanieren, in seine ursprüngliche Architektur zurückzubauen und sogar, um die Räumlichkeiten einer Kunstschule zu erweitern.
Die Wohn- und Atelierräume sind zum Teil mit Originalmöbeln rekonstruier worden. Dort befindet sich auch eine umfangreiche Sammlung von Werken aus Hölzels unterschiedlichen Schaffensperioden.
In der Bibliothek und in der digitalen Bilddatenbank finden sich zahlreiche Informationen zum Werk des Künstlers. In der Kunstschule, in Kooperation mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart wird Kindern und Jugendlichen der Zugang zu Kunst und Malerei ermöglicht.
Öffentliche Führungen und
weitere Info: www.adolf-hoelzel.de;
Öffnungszeiten: Fr 13 – 18 Uhr,
Sa 13 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr
Anmeldung an info@adolf-hoelzel.de
Adolf Hölzel (1853-1934) gehörte zu den einflussreichsten Pionieren der ungegenständlichen Kunst im 20. Jahrhundert. In Olmütz (Nordmähren) geboren, studierte er nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer Malerei in Wien und München. Er zählte zu den Mitbegründern der Wiener und der Münchener Secession. 1905 wurde er an die Königliche Akademie der bildenden Künste nach Stuttgart berufen und leitete von 1906 bis 1919 als Professor eine „Komponierschule“. Zwei Jahre war er außerdem Rektor der Akademie. Ab 1919 bis zu seinem Tod 1934 lebte er in seinem Wohn- und Atelierhaus in Stuttgart Degerloch, dem heutigen „Hölzel-Haus“. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Waldfriedhof.