Sie sind wieder da – die 80er

Die 80er sind ein widersprüchliches Jahrzehnt, in dem Proteste gegen Konsum laut werden und gleichzeitig konsumiert wird, wie nie zuvor in der Geschichte. Mediale Trends und Freizeitvergnügungen werden über den ganzen Globus vermarktet und führen zu der extremen Individualisierung der Gesellschaft von heute. Der nostalgische Rückblick auf die Zeit von damals lässt vieles im neuen Licht erscheinen. Für die Schau im Badischen Landesmuseum bringen sich auch damalige Akteure der Region Karlsruhe mit ihren künstlerischen Arbeiten aktiv ein: Andreas Hella reinszeniert eine Wandmalerei der 80er im Ausstellungsraum. Sein Werk versetzt in die Atmosphäre der ehemaligen Karlsruher Disco K5 in der Kronenstraße. Auch die Werke des Hannoverschen Fotografen Burkhardt ED Rump widmen sich dem wilden Lebensgefühl von damals und durchfeierten Partynächten. Neben dokumentarischen Fotografien bereichern zahlreiche Leihgaben und Kultobjekte die 80er-Jahre-Schau. Sie stammen unter anderem von Prominenten, die das Jahrzehnt in BRD und DDR geprägt haben. Das T-Shirt der heutigen Landesbischöfin Heike Springhart mit der Aufschrift „Ich bin ein Störfall!“ ist ein prägnanter Ausdruck der Anti-Atomkraft-Proteste. Die Gitarre von Udo Lindenberg, das Schlagzeug von Punk-Ikone Elke Käthe Kruse und die Lederjacke von Scorpions-Sänger Klaus Meine stehen für unvergessliche Rockkonzerte, aber auch für die politische Sprengkraft der Musik. Und selbst Steffi Grafs Goldmedaille für den Golden Slam zeigt, wie politisiert die 80er waren – sogar im Sport. Es ist die Zeit des Kalten Krieges, der Olympia-Boykotte und der Moment, in der sich die Gesellschaft mutig zu einer protestierenden Öffentlichkeit entwickelt: gegen Aufrüstung, Umweltverschmutzung und die Reformunwilligkeit erstarrter Systeme.

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Der erste Bereich der Ausstellung ist daher dem asphaltierten Stadtraum der 80er gewidmet, in dem jene Konfrontationen und Konflikte ausgetragen werden. Es geht um eine neue Architektursprache, Hausbesetzungen, aber auch erste Einflüsse der Hip-Hop-Szene und der Graffiti-Kunst, die das damalige Stadtbild prägen. Das Team des Hip-Hop-Kulturzentrums Combo aus Karlsruhe bringt Farbe an die typisch-grauen Beton-Wände. Diese Zeit erscheint vergangen und ist zugleich hochaktuell: Wohnraum-Knappheit, städtische Versiegelung und grüne Energie sind Themen, welche die Menschen der 80er bewegten und uns nach wie vor beschäftigen. Ein Mauerbruch steht am Übergang zum zweiten Ausstellungsraum: Die streitende, streikende und demonstrierende Öffentlichkeit ist hier das Thema – und politische Debatten werden erneut aufgerollt.

Knallig-poppige Farben, wildgemusterte Tapeten und punkige Musik versetzen schließlich in den privaten Bereich und das häusliche Umfeld. Man kann in vergangenen Musik- und Kinowelten schwelgen: Zu sehen sind Schallplatten-Cover, Plakate von Blockbuster-Filmen. Erinnert wird auch an große Reiseabenteuer: Eine ganze Generation eroberte damals mit Interrail und Rucksack die Welt. In der grafischen Gestaltung der Erlebnisausstellung zieht sich das Quadrat thematisch durch – typisch für den bunten Zauberwürfel oder die frühe Pixelgrafik von Pac-Man, Mario Bros und Tetris. Es ist die Geburtsstunde der elektronischen Unterhaltung. Das Telefonieren ist zwar noch kabelgebunden, gleichzeitig kommen erste Computer und Gamingkonsolen auf.
Die 1980er – wie waren sie? Eine eindeutige Antwort kann und will die Ausstellung nicht geben. Ausgewählte Objekte, Bilder, Ereignisse und Erfahrungen setzen jedoch ein buntes, spannungsvolles und auch widersprüchliches Mosaik dieses Jahrzehnts zusammen, das Kinder der 80er und spätere Generationen zum gemeinsamen Diskutieren, Erinnern und Ergänzen einlädt.


Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum ist noch
bis 25. Februar 2024 im Karlsruher Schloss zu sehen.
Das Magazin zu Die 80er ist erhältlich unter:
shop.landesmuseum.de