Kunst, Kultur und Klima

Museen, Orchester und Theater gehören zu den großen Säulen unserer Kulturszene. Klimawandel und Nachhaltigkeit sind längst auch Themen, die auch dort heiß diskutiert werden und die zunehmend auch Projekte und Programmpolitik beeinflussen. Und es haben sich viele Initiativen gebildet, um noch effektivere Wege zu einem gemeinsamen Nenner und verbindlichen Standards zu finden. Und vielen Kultureinrichtungen ist mittlerweile bewusst, dass sie durch ihre Kraft und Kreativität uns auch bei den Themen Umweltbewusstsein, Klima und Nachhaltigkeit inspirieren und ermutigen können. Denn sie können uns neue Wahrnehmungen und Ansichten lehren, die uns helfen, die Welt auf eine neue Art und Weise zu betrachten. Zeit für arsmondo unter diesem Aspekt einen aktuellen Blick auf unsere Kulturlandschaft zu werfen.

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Kunst und Kultur können einen bedeutenden Einfluss auf das Klima haben, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Einerseits kann die Kunst helfen, Bewusstsein für den Klimawandel zu schaffen und Lösungen zu fördern, indem sie Themen wie Umweltverschmutzung, Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien in ihren Werken aufgreift. Auf der anderen Seite können kulturelle Aktivitäten, insbesondere große Veranstaltungen wie Festivals oder Konzerte aber auch eine erhebliche Belastung für die Umwelt darstellen. Die An- und Abreise der Besucher, die Verpflegung und der Energiebedarf der Bühnen und Lichtinstallationen können eine beträchtliche Menge an Treibhausgasemissionen verursachen, die zur Beschleunigung des Klimawandels beitragen.
Wie in anderen Bereichen unseres Lebens, so ist auch die Kunst- und Kulturszene seit einigen Jahren dabei aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren. Dazu gehört beispielsweise die Verwendung erneuerbarer Energiequellen, die Förderung des öffentlichen Verkehrs, die Verwendung umweltfreundlicher Materialien für Bühnenbilder und Kostüme sowie die Sensibilisierung der Besucher für umweltbewusstes Verhalten.

Es ist noch gar nicht so lange her, da schien die Kunstszene den Visionen der Wirtschaft zu folgen: Erfolg zunehmend am Wachstum zu messen. Museen errichteten immer größere Gebäude, Sammlungen wurden erweitert und Kunstwerke selbst fanden nur noch Platz in gigantischen Industriehallen. Wechselausstellungen drehten sich immer schneller, Museum, das für Sammeln, Bewahren und Forschen steht, scheint ebenfalls einer Wachstumslogik zu folgen, die an ungebremste Märkte erinnert. Doch gibt es eine Grenze des Wachstums? Können Museen immer weiter expandieren? Und wie könnte nachhaltiges Wachstum im Museum erreicht werden?
Eine atemberaubende Architektur und hohe Ansprüche an den Schutz von Exponaten zwingen Museen dazu, ihre Technologie maximal einzusetzen, um das Raumklima bezüglich Luftzirkulation, Temperatur und Feuchtigkeit zu regulieren. Dadurch steigen jedoch auch die CO2-Emissionen von Museen, Bibliotheken, Archiven und Depots, um die Räumlichkeiten gemäß den Anforderungen zu klimatisieren. Jedoch ist aus konservatorischer Sicht dieser technische Maximaleinsatz nicht unbedingt notwendig. Angesichts der Klimakrise, Energieknappheit und unvorhersehbaren Energiekosten stehen diese Kulturerbe-Bauten vor der Herausforderung, ihren Betrieb und ihre Instandhaltung konsequent nachhaltig zu gestalten, sowie die Planung und den Bau neuer Gebäude nachhaltig auszurichten.

Im Projekt „ReKult“ wird an neuen Ansätzen zur nachhaltigen Instandhaltung und Errichtung von Kulturerbe-Bauten gearbeitet. Beteiligt sind das Natural Building Lab der TU Berlin, die TU Braunschweig, das Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin und die TU München. Das Ziel ist es, das Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen auf Kulturerbe-Bauten zu übertragen. Dabei werden die Anforderungen zur präventiven Konservierung von Ausstellungsobjekten neu bewertet. Dafür werden digitale Modelle, thermisch-dynamische Simulationen und direktes Monitoring durch Sensorik am Bauwerk genutzt. Die Sensordaten ermöglichen die Anpassung und Optimierung von Modellen. Das zweijährige Forschungsprojekt soll neue Planungsansätze für Museen, Archive, Bibliotheken und Depots im Hinblick auf nachhaltiges Bauen hervorbringen, die unter anderem den Einsatz von performativen Gebäudehüllen, nachwachsenden und umweltverträglichen Baustoffen und effektivem Risikomanagement beinhalten.

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Orchester, Theater, Konzert- und Opernhäuser, die dort Beschäftigten sowie Freischaffende können als Multiplikatoren für den Kulturbereich und Vorbilder für die gesamte Gesellschaft fungieren, indem sie Klimaschutz und andere nachhaltige Praktiken diskutieren und in ihren Institutionen beispielhaft und konsequent umsetzen. Diskussionen anzuregen und das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien neben ökologischen Potenzialen auch bedeutende personelle und wirtschaftliche Entwicklungspotenziale freisetzt.
Die Deutschen Orchestervereinigung hat ein Positionspapier zum Thema Klima und Nachhaltigkeit erstellt mit dem Ziel professionelle Orchester, Chöre, Rundfunkklangkörper, Ensembles sowie freischaffende Berufsmusikerinnen und -musiker damit einen Leitfaden für ihre Arbeit zu liefern. Zudem gibt das Kompendium einen Überblick über Grundlagen und den aktuellen Stand der Entwicklungen und zeigt Gestaltungsmöglichkeiten auf.
Im Rahmen des Klimadialogs „Green Culture“ hat sich auch das Land Baden-Württemberg gemeinsam mit den Kunst- und Kultureinrichtungen Ziele und Maßnahmen für mehr Klimaschutz gesetzt.

Was können die baden-württembergischen Kunst- und Kultureinrichtungen des Landes tun, um die Klimaneutralität auch in ihrem Bereich zu erreichen? Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst macht dieses Thema zu einem Topic ihrer Kulturpolitik. In Baden-Württemberg bestehen bereits Best-Practice-Beispiele: Die Medien- und Filmgesellschaft MFG Baden-Württemberg ist bereits bundesweit Vorreiter in der Film- und Medienbranche. Ihre viel beachtete Initiative „Green Shooting“ zielt auf möglichst ressourcenschonende Produktionsmethoden in der Filmherstellung. Um das zu erreichen, hat die MFG ökologische Mindeststandards und einen Kohlenstoffdioxid (CO2)-Rechner für die gesamte Filmbranche erarbeitet. Die Staatsgalerie Stuttgart ist überdies das erste Museum in Deutschland, das ein zertifiziertes Qualitätsmanagement, Energie- und Umweltmanagement eingeführt hat. Durch Umstellungen in der Beleuchtung und Klimatisierung konnte sie bereits deutlich an CO2 einsparen.
An der Auftaktveranstaltung des Klimadialogs „Green Culture“ haben rund 50 Vertreterinnen und Vertreter aller staatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen Baden-Württembergs teilgenommen und mit Jakob Bilabel vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien diskutiert. Auch eine Arbeitsgruppe unter dem Motto „Klimaschutz in Landeskultureinrichtungen“ wurde ins Leben gerufen. Ein entsprechender Handlungsleitfaden des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst bietet darüber hinaus Orientierung und will erreichen, die Themen allem voran Umwelt-Zertifizierung, CO2-Rechner und künftige Klimaneutralität für alle Beteiligten konsequent weiter im Blick zu behalten.

arsmondo-Tipp: Die meisten großen Kultureinrichtungen informieren auf ihren Websiten über ihre Projekte und Initiativen rund um das Thema Klimaschutz, Umwelt und Nachhaltigkeit. Ein regelmäßiger virtueller Rundgang lohnt also!