Premieren am Staatstheater Karlsruhe

In Karlsruhe steht alles im Zeichen von Aufbruch und Neuanfang – Christian Firmbach heißt der neue Intendant am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Er will künftig das Angebot für junge Menschen weiter ausbauen, ebenso wir der Bereich Kunst und Vermittlung.
Mit der Eröffnungspremiere The Wreckers der englischen Komponistin und Frauenrechtlerin Ethel Smyth als Deutsche Erstaufführung der englischsprachigen Fassung setzt das Team ein klares Statement. Keith Warner inszeniert die Geschichte eines jungen Paares, das sich einer ausbeuterischen Gesellschaft widersetzt.

Oper /Musiktheater

Wieder auf dem Spielplan ist Donizettis Don Pasquale in der humor- und anspielungsreichen Inszenierung von Christoph von Bernuth und der
Doppelabend Cavalleria Rusticana / Pagliacci von Pietro Mascagni und Ruggero Leoncavallo, in der Regisseur Dietrich Hilsdorf auch die grundsätzliche Frage nach Realität auf der Bühne stellt.
Humoristisch wird es rechtzeitig zum Jahreswechsel mit der Neuinszenierung der „Königin der Operette“ Die Fledermaus von Johann Strauß, die 2024 ihren 150. Geburtstag feiert.
Mit der Deutschen Erstaufführung der 1786 uraufgeführten und lange vergessenen Tragédie lyrique Phèdre von Jean-Baptiste Lemoyne stellen sich Christoph von Bernuth und Stephanie Twiehaus in ihrer ersten Karlsruher Zusammenarbeit als bewährtes Regie/Dramaturgie-Team vor.
Ein hochaktuelles Zitat aus der Eröffnungsoper Rinaldo (1731), prägt als Motto die Internationalen Händel-Festspiele: „Möge die Macht der Liebe die Kriegsglut bald erkalten lassen.“
Als Regie-Klassiker kommt Richard Strauss‘ von Melancholie durchwehte Komödie für Musik Der Rosenkavalier in einer vielgefragten Inszenierung von Andreas Homoki und unter der musikalischen Leitung des Karlsruher Strauss-Spezialisten Generalmusikdirektor Georg Fritzsch auf die Bühne.
Die deutsch-englische Regisseurin Olivia Fuchs erzählt mit Peter Tschaikowskis Eugen Onegin die immer wieder aufs Neue ergreifende Geschichte einer verpassten Liebe. Die Saison schließt mit Frank Wildhorns Erfolgsmusical Jekyll & Hyde.

Szene aus „The Wreckers“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe – Foto: Felix Grünschloß

Schauspiel
Der neue Schauspieldirektor Claus Caesar und die Dramaturg*innen Bastian Boß und Franziska Trinkaus setzen auf ihr starkes Schauspielensemble und wollen unterschiedliche Regiehandschriften in Spannung zueinander setzen: Mit Klassikern und Gegenwartsdramatik – letztere soll auch ein Sensor für aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen sein. Und so erwartet das Publikum auch gleich zum Start ein Auftragswerk:
Die rote Mühle. Frei nach Ferenc Molnár transferiert Autor Nis-Momme Stockmann dessen Motive und Themen in die Gegenwart der Green Economy.
Einen neuen Blick auf ein kanonisches Werk wirft Ariane Kochs Bearbeitung von Shakespeares Sturm, die das Geschehen in einer weiblich dominierten Gesellschaft ansiedelt.
Der international gefragte russische Regisseur Timofey Kuljabin wird mit seiner Inszenierung von Brechts Furcht und Elend des Dritten Reiches auf die unheimliche Gegenwärtigkeit des Stoffs fokussieren. „Und auch Mizgin Bilmens Produktion von Büchners Woyzeck wird zeigen, dass wir mit dessen theatralen Blick auf soziale Verhältnisse noch längst nicht abgeschlossen haben“, so das Leitungsteam.
Gleich zwei Arbeiten auf der Studiobühne thematisieren Karlsruhe als Stadt des Rechts: Der Prozess nach Franz Kafka  und die Uraufführung Die Hitze und das Recht von Matthias Naumann, die darum kreist, wie der Klimawandel und der Umgang mit seinen Folgen zunehmend ein Thema des Rechts werden.
Von überbordender Wut und weiblichem Empowerment erzählt Mareike Fallwickl in ihrem Roman Die Wut, die bleibt. Brit Bartkowiak wird diesen ebenso in Szene setzen wie Tragödienbastard von Ewe Benbenek, die in einer hochmusikalischen Sprache vom Blick der zweiten Generation auf das Thema „Heimat“ erzählt.

Tanz / Ballett
„Tanzkraftwerk“ überschreibt der neue Ballettdirektor Raimondo Rebeck sein Motto für die neue Spielzeit -Ihm ist die Nähe zum Publikum ein großes Anliegen. So geben künftig Live-Interviews und Videos exklusive Einblicke in den Arbeitsalltag der ebenfalls neuen Ballettcompagnie – weiter gibt es einen regelmäßigen Ballett-Talk unter dem Motto „Tanz à la carte“ sowie offene Trainings und Workshops unter dem Motto Einfach tanzen!
Die Eröffnungspremiere ist der Ballettabend Leuchtfeuer. Er zeigt Werke voller Licht, Rhythmus und Energie – von der Uraufführung eines Handlungsballetts bis hin zu einem Klassiker der Moderne.
Raimondo Rebeck selbst stellt sich als Choreograf mit A Journey of a Memory vor, einer sehr persönlichen Auseinandersetzung mit Abschied und Verlust.
Die neue Hauschoreografin Kristina Paulin erarbeitet eine Uraufführung nach Kafkas rätselhaftem Romanfragment Das Schloss, und mit Cantata ist zum ersten Mal in Karlsruhe eine energiegeladene Arbeit des großen italienischen Choreografen Mauro Bigonzettizu sehen.
Einen der ganz großen Klassiker der Tanzgeschichte bietet die zeitlose Deutung des Romeo und Julia-Stoffes durch den französischen Starchoreografen Jean-Christophe Maillot, so tanzgewaltig wie psychologisch fein gezeichnet. Die Originalproduktion für Les Ballets de Monte-Carlo wird erstmals in Karlsruhe gezeigt und von der Badischen Staatskapelle mit der Musik von Sergej Prokofjew live begleitet.
Made in KA – Junge Choreografien aus Karlsruhe gibt als Ballettabend mit Uraufführungen von und mit dem Staatsballett wieder dem choreografischen Nachwuchs aus den eigenen Reihen die Chance, seine Kreativität voll zu entfalten.
Die Tanz-Fest-Woche mit einer Ballettgala als Abschluss setzt schließlich die Tradition des Festivals „Aufgefächert“ und der „Karlsruher Ballettwoche“ fort.

Konzerte
Das Konzertprogramm umfasst neben den Sinfoniekonzerten mehrere Sonderkonzerte, in denen u. a. Mozarts Requiem in der Christuskirche oder Musik aus Paris um 1800 (unter der Leitung von Conductor in Residence Attilio Cremonesi) zu hören sein wird; Kinderkonzerte – u. a. mit Prokofjews Peter und der Wolf –, Kammerkonzerte und Liederabende. Auch die beliebten Reihen „Nachtklänge“, „KlangÖffner“ und „Jazz Nights“ werden fortgesetzt.

Kinder & Jugendliche
„Kulturelle Teilhabe fördern bleibt unser Motto“, bestätigt Nele Tippelmann, bisherige und künftige Leiterin des Jungen Staatstheaters. Das Thema Gerechtigkeit steht dabei im Mittelpunkt.
Dafür steht eine Figur besonders beispielhaft: Robin Hood. Seine legendären Abenteuer werden neu für die Bühne entwickelt. Für die ganz Kleinen gibt es die Kinderoper Nils Karlsson Däumling nach dem liebevollen Kinderbuchklassiker von Astrid Lindgren. Für junges Publikum bringt das Opernteam eine eigene Kreation mit: „Orpheus und die Zauberharfe“ erzählt humorvoll, spannend und mit Musik aus Barock und Klassik eine neue zeitlose Version des Orpheus-Mythos. Als Familienoper wird Jonathan Doves packende, zeitkritische Familienoper Itch ihre Deutsche Erstaufführung erleben. In der Regie von Kevin Barz, des Leiters des neu etablierten Digitaltheaters, wird diese Produktion die Reihe „Zukunft Oper“ begründen, die sich zum Ziel gesetzt hat, zeitgenössischen Werken zur Repertoiretauglichkeit zu verhelfen. Noch mehr fantastische Abenteuer erwarten die ganze Familie bei Alice im Wunderland, bearbeitet und inszeniert von Nele Lindemann – aufgeführt auf der Bühne im Konzerthaus.
Einen kritischen Blick auf die Gesellschaft und politisch gefährliche Gruppendynamik wirft der unbestritten aktuelle Text Die Welle von Morton Rhue (ab 12 Jahren).
Mit Mädchenschrift hat Özlem Özgül Dündar einen starken Text für Jugendliche vorgelegt: Eine Beschreibung dessen, was es bedeutet, als Mädchen* erwachsen zu werden, und ein Manifest dafür, sich allen Zuschreibungen und Zumutungen zu widersetzen.

Digitaltheater
Kevin Barz und Anna-Teresa Schmidt haben künftig die Leitung und Dramaturgie der neu begründeten Sparte Digitaltheater inne, und fühlen sich jetzt schon genau am richtigen Ort: „Nirgends kann man Digitaltheater besser erfinden als in der Heimat des ZKM, des KIT und in der UNESCO City of Media Arts.
Das Projekt Paradise Found – Wo ist dein Paradies? soll über einen Zeitraum von zwei Jahren gemeinsam mit der Stadtgesellschaft, d.h. Menschen in Karlsruhe sollen sich aktiv an der Entstehung zu beteiligen: So sind sie aufgerufen in Interviews zu verraten, wo ihr persönliches Paradies verborgen liegt. Das gesprochene Wort wird zum Libretto also zum Stücke-Text, den Komponist Paul Brody in Musik umsetzen wird.
In Die Tagesshow – It’s called Fake News hat das Publikum die Chance, jeden Abend mitzuentscheiden und eine andere Realität zu kreieren.
Goethes Ballade Der Zauberlehrling lieferte die Inspiration für eine weitere Uraufführung: Magische Kräfte, die der Mensch sich erträumt, um den Alltag zu beherrschen, geraten außer Kontrolle – analog dazu lernen Künstliche Intelligenzen erschreckend rasch und drohen, nicht mehr gesteuert werden zu können. Mit Expert:innen aus der Wissenschaft entsteht ein tänzerisch-dokumentarischer Theaterabend über den zwiespältigen Tanz des Menschen mit den Maschinen.

Das Haus nimmt an Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte der Kulturstiftung des Bundes teil und wird auch eine Klimabilanz erstellen.
Weitere Informationen unter: www.staatstheater.karlsruhe.de