Thomas Mann in Amerika

Insgesamt 14 Jahre verbrachte Thomas Mann in den Vereinigten Staaten. Bis Kriegsende wirkte er als wichtigste Stimme des Exils und prominenter Vermittler, danach wieder hauptsächlich als Schriftsteller, der sich allerdings mit einer grundlegend veränderten Lage des Landes, in dem er einst Zuflucht gesucht hatte, auseinandersetzen musste: dem Beginn des Kalten Krieges. Die Ausstellung »Thomas Mann in Amerika« im Literaturmuseum der Moderne fragt nach den Auswirkungen des amerikanischen Exils für Thomas Mann, der schon über 60 Jahre alt ist, als er in die Staaten geht, wo sich sein literarisches Denken und Schreiben noch einmal grundsätzlich ändern wird. Als »Oval Office der Emigrationsbewegung auf Hitlers Terror in Berlin« bezeichnete Frank-Walter Steinmeier das 2016 von der deutschen Bundesregierung erworbene Thomas-Mann-Haus in Pacific Palisades: Hier schrieb Mann seine Radioansprachen, verfasste bedeutende Romane und empfing Intellektuelle wie Martin Buber und Albert Einstein.

Thomas Mann und Elisabeth Mann Borgese im Garten der Villa in Pacific Palisades (um 1946). ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv. Fotograf: Unbekannt

Fast alle Tagebücher, die vor 1933 entstanden sind, warf Thomas Mann im Mai 1945 in seiner Villa in Pacific Palisades ins Feuer. Ein in Arosa, im Schweizer Exil begonnenes Heft markierte den Neuanfang. Rund 100 Exponate, darunter zahlreiche Leihgaben des Thomas-Mann-Archivs der ETH Zürich, zeigen den tiefgreifenden Wandel in Manns Selbstverständnis als Schriftsteller während seines US-amerikanischen Exils. Anhand von Tagebuchaufzeichnungen, Materialien zu seinen in dieser Zeit entstandenen Romanen Joseph der Ernährer, Doktor Faustus und Der Erwählte, von Briefen, Film- und Tondokumenten erzählt die Ausstellung, auf welche Weise er literarischen Stoffen in dieser Zeit eine Form gab und wie sich der Literaturnobelpreisträger für zahlreiche europäische Autoren wie Hermann Broch, Robert Musil und Karl Wolfskehl einsetzte. Die Rolle, die seine Familie, insbesondere seine Kinder Erika und Klaus, bei seiner politischen Sensibilisierung gespielt haben, wird ebenfalls in den Blick genommen. Zahlreiche Fotografien aus der amerikanischen Zeit flankieren die Ausstellung.
Literaturmuseum der Moderne,
Schillerhöhe 8–10, 71672 Marbach am Neckar, Fon 7144/848 601, www.dla-marbach.de