Haut Cuisine und Molekulargastronomie; Fastfood und Slowfood; Vegetarisch und Vegan; Tailändisch und Türkisch; Baumkuchen und Falscher Hase; Pasta und Pommes-Schranke; Fingerfood und Stäbchen; Low Carb und Eier-Diät; Jojoeffekt und Essstörungen; Hungersnöte und Überfluss; Kochkünste und Tafelfreuden – alle sind Teil eines großen Ganzen: der menschlichen Esskultur. Immer mehr Museen im Land entdecken derzeit dieses wichtige Thema auf ganz unterschiedliche wieder für sich – Grund und Anlass, Ihnen einen Überblick zu geben.
Essen und Trinken –
Reisen durch Körper & Zeit
Die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim widmen sich in einer Sonderausstellung dem Thema aus naturwissenschaftlicher und kulturgeschichtlicher Sicht. In der facettenreichen Zusammenstellung bieten interaktive Inszenierungen, archäologische Funde, anatomische Modelle und kulturhistorische Zeugnisse spannende Einblicke in die Ernährungsgeschichte sowie die Wege und Verwertung der Nahrung in unserem Körper und laden noch bis 27. Juli 2025 zum Entdecken, Mitmachen und Weiterdenken ein.
Präsentiert wird die Schau in zwei Teilen: Im Museum Weltkulturen gibt es eine kurzweilige Reise durch den menschlichen Körper. An interaktiven Stationen erfährt man, wie Farbe uns beeinflusst, wie Enzyme arbeiten, welche Funktion die einzelnen Organe haben, wie wichtige Nährstoffe ins Blut gelangen und vieles mehr. Alles ist mit allem verbunden: Kopf und Darm beeinflussen sich gegenseitig, Informationen flitzen von der Nase zur Leber, Stimmungen schlagen auf den Magen und eine ganze Reihe fein abgestimmter Wundersäfte wirkt unablässig in unserem Organismus. Das Kohlenhydrat Zucker wird kritisch ins Visier genommen und auch die Begegnung mit dem „inneren Schweinehund“ gehört dazu, denn schließlich fragen sich viele, warum der Mensch trotz besseren Wissens zu ungesunder Nahrung greift. Im Museum Zeughaus werden in einer kulturhistorischen Zeitreise die Uhren um Jahrtausende zurückgedreht. Die Ausstellung beginnt in der Altsteinzeit mit der Entstehung des kochenden Menschen und führt durch verschiedene Epochen der europäischen

Geschichte bis in die Zukunft. Im Fokus stehen Ernährungsgeschichten und verbindende Themen. So können wir in Sachen Nachhaltigkeit sicher noch viel vom altsteinzeitlichen Rentierjäger lernen und schon im alten Rom holte man sich in Garküchen Speisen zum Mitnehmen. Die Reformbewegung rief bereits um 1900 zum Fleischverzicht auf. Außerdem geht die Schau am Beispiel Pizza den Aspekten Globalisierung und regionale Identität nach. Dieser Ausstellungsteil vereint insgesamt rund 300 außergewöhnliche, kostbare und teils kuriose Exponate, die faszinierende Ess- und Trinkgeschichten erzählen. Neben der „Körperreise“ im Museum Weltkulturen und der „Zeitreise“ im Museum Zeughaus greifen auch die rem-Stiftungsmuseen das kulinarische Thema auf. In der ZEPHYR-Ausstellung „In Her Kitchen“ gewährt der preisgekrönte Fotograf Gabriele Galimberti einen Blick in die Küchen dieser Welt. Er hat rund um den Globus Großmütter mit ihren Lieblingsgerichten abgelichtet. Eine Schau, die eindrucksvoll zeigt, wie Essen verbindet. Um Trinkgeschichten von der Antike bis zur Gegenwart geht es schließlich in der Ausstellung „Zum Wohl!“.
Zur Ausstellung gibt es ein abwechslungsreiches Begleitprogramm. Außerdem laden Ausflugstipps rund um das Thema Essen und Trinken zu einer Entdeckungstour im Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald und der Metropolregion Rhein-Neckar ein – entweder als Faltkarte, die im Museum sowie an vielen weiteren Stellen kostenfrei ausliegt, oder als Online-Version unter www.rem-mannheim.de.
Aufgetischt –
eine kulinarische Weltreise
Auch eine Ausstellung im Schmuckmuseum Pforzheim widmet sich Esskulturen aus aller Welt. „Aufgetischt – eine kulinarische Weltreise“ (bis 19. April 2026) erzählt mittels Exponaten von aufwendigen Banketten und exquisitem Tafelschmuck und wie diese in den Fürstenhäuser Europas zum Einsatz kamen. So erfährt man zum Beispiel, dass noch bis ins 18. Jahrhundert der Adel oft sein persönliches Besteck auf Reisen mit sich führte – nicht selten gibt es dazu kuriose oder kostbare Unikate. Im Barock kamen einheitliche Tafelservice in Mode, die mit der Industrialisierung schließlich zur gehobenen Massenware wurden. Handel, Eroberungszüge und Migrationsprozesse bereicherten die Speisezettel mit exotischen Früchten und Gewürzen und veränderten Sitten und Gebräuche. Im Dialog mit ethnografische Kostbarkeiten sind dazu historische Goldschmiedekunst, zeitgenössisches Design und Objekte der Alltagskultur zu sehen.

Ein Fest für die Augen!
Die Schau in der Galerie Stihl in Waiblingen lädt dazu ein, die facettenreiche wie überraschende Darstellung von Essen in der Kunst zu entdecken.

Die Darstellungen reichen von traditioneller Stillleben-Malerei bis hin zu provokativen zeitgenössischen Interpretationen. Gezeigt werden unter anderem Armand Fernandez, Banksy, Thomas Baumgärtel, Joseph Beuys, Fernando Botero, Albrecht Dürer, Marion Eichmann, Ralph Fleck, Katharina Fritsch, Alwin Lay, Vera Mercer, Pablo Picasso, Dieter Roth, Daniel Spoerri, Tomi Ungerer, Andy Warhol, Erwin Wurm u.v.m. Wie stets bietet die Galerie Stihl Waiblingen gemeinsam mit der Kunstschule Unteres Remstal dazu ein vielseitiges Programm mit Führungen und Workshops an. (Bis 2. März 2025
„Verrückt nach Fleisch“
Die Ausstellung „Verrückt nach Fleisch“ im Museum Brot und Kunst in Ulm (bis13. April 2025) widmet sich dem Thema Fleisch und gliedert sich in drei Ebenen. Das erste Teil geht der Frage nach, warum und seit wann Fleisch so eng mit unseren Koch- und Essgewohnheiten verbunden ist. Der zweite fragt nach Tieren als „Produkten“.

Ist es in Ordnung, dass wir Lebewesen als „Produkte“ begreifen? Jedenfalls wächst die öffentliche Kritik. Im dritten Teil geht es schließlich um die zentrale Frage nach dem Preis. Muss sich jeder Fleisch leisten können? Wie fair sind unsere Preise? Und welchen Preis hat das Fleischessen sonst noch? Das letzte Kapitel widmet sich schließlich dem in vitro Fleisch.
Seit ein paar Jahren gibt es die Hoffnung, wir könnten in Zukunft Fleischzellen im Labor wachsen lassen, ohne Tierleid und Umweltbelastung. Ist das die befreiende Lösung? Die – teils interaktive – Ausstellung zeigt Bilder und Objekte zu diesen Fragen. Daneben begegnen den Besuchern Videostatements von Wissenschaftlerinnen, Künstler*innen und Alltagsexperten. Darunter ist Karen Duve, die von ihrem einjährigen Selbstversuch berichtet, ‚anständig zu essen‘, oder Stefan Michel, der argumentiert, bestimmtes Fleisch sei gut fürs Klima. Henk Wildschut z.B. versucht Massentierhaltung so zu fotografieren, dass er Tieren und Tierhaltern gerecht wird. Pascal Dreier setzt sich als Vegetarier mit „speziesübergreifendem Trauern“ auseinander. Denn Fleisch zu essen ist eben ein „Rendezvous mit dem Tod“ – so der Titel eines Werks von Dieter Roth. Weitere Werke der Schau stammen von Pieter Brueghel, Pascal Dreier, Robert Häusser, Jochen Lempert, Max Liebermann, Peter Menzel, Neozoon u.v.m.